Studenten und Drogen: Sie wissen, was sie tun - und tun es trotzdem

Angehende Mediziner greifen häufiger zum Alkohol und illegalen Drogen als Studenten anderer Fachrichtungen - bei Männern ist die Rate alarmierend.

Veröffentlicht:
Sie wissen, was sie tun - aber sie tun es trotzdem. Angehende Ärzte konsumieren nicht nur zu viel Alkohol, sondern auch Tabak und illegale Drogen.

Sie wissen, was sie tun - aber sie tun es trotzdem. Angehende Ärzte konsumieren nicht nur zu viel Alkohol, sondern auch Tabak und illegale Drogen.

© wrangler / fotolia.com

Defizite bei der Medizinerausbildung - in der Studie "Ärztegesundheit" wird kein Blatt vor den Mund genommen. Denn laut Professor Klaus Scheuch existiert im Studium keine Vorbereitung auf die "bevorstehenden zusätzlichen psychischen Belastungen" des Arbeitsalltages.

Die Klage ist nicht unberechtigt, wie Befragungen bei Studenten in Dresden und Leipzig zeigen. Demnach gehen die angehenden Ärzte auffällig sorglos mit ihrer Gesundheit um, besonders wenn es um den Konsum von Tabak, Alkohol und illegalen Drogen geht.

Sie wissen, was sie tun - sie tun es aber trotzdem. Oder, wie es PD Dr. Antje Bergmann wissenschaftlicher formuliert: "Es besteht eine Diskrepanz zwischen kognitiver und aktionaler Ebene". Die Hausärztin, die in Dresden den Lehrstuhl Allgemeinmedizin inne hat, hat 300 Medizinstudenten der Uni zwischen 2004 und 2006 zum Konsum von legalen und illegalen Drogen befragt.

Das Ergebnis ist erschreckend und nicht vergleichbar mit dem der Scheuch-Studie: Der Konsum beim Nachwuchs entspricht keinesfalls dem allgemeinen Bevölkerungsschnitt - die Zunahme bei Alkohol, Zigaretten und illegalen Substanzen habe problematische Dimensionen angenommen.

Als "auffällig hoch" bezeichnet Bergmann die Rate der männlichen Studenten, deren Alkoholkonsum als "riskant" eingestuft wird.

Unterstützt werden die Thesen von Bergmann auch in der Studie von Katharina Gerlach, Promotionsstudentin im PJ. "Das Gesundheitsbewusstsein der Medizinstudenten ist nicht höher als bei anderen Kommilitonen", sagte Gerlach im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Es werde aber mehr getrunken - der erhöhte Stressfaktor im Studium könnte eine Erklärung sein.

Offenbar sind männliche Studenten gerade beim Gebrauch von illegalen Drogen anfälliger. Zwar erklärte Bergmann, dass deutsche Medizinstudenten im internationalen Vergleich nicht überdurchschnittlich konsumieren, die Entwicklung bei den Männern sei aber bedenklich.

Dreimal häufiger als Studentinnen würden sie zu illegalen Drogen greifen. In der Studie von Katharina Gerlach gaben 44 Prozent der männlichen Studenten an, schon mal illegale Drogen genommen haben. In früheren Befragungen lag der Wert bei Ärzten bei fünf Prozent.

Diese Befunde wurden auch von einer Leipziger Studie bestätigt. Unter den 390 Befragten wurde eine auffällig hohe Rate von Symptomen psychischer Belastung wie Angst, Panik und Essstörungen festgestellt - und zwar bei Männern und Frauen.

Bergmann forderte, dass deutlicher auf Suchtrisiken hingewiesen werden müsse - und daraf, dass der Drogenkonsum die Approbation gefährden könnte. (tt)

Lesen Sie dazu auch: Für ihre eigene Gesundheit interessieren sich Ärzte kaum Studenten und Drogen: Sie wissen, was sie tun - und tun es trotzdem Lesen Sie dazu auch das Interview: "Die Studie spiegelt die Situation aller Ärzte wider"

Mehr zum Thema

Medizinforschungsgesetz

Regierung: Ethikkommission beim Bund bleibt unabhängig

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken