Suchtkommission bietet betroffenen Ärzten im Saarland Hilfe an

Die saarländische Ärztekammer hat ein eigenes Interventionsprogramm entwickelt, mit dem suchtkranke Ärzte identifiziert werden sollen, um ihnen schnellstmöglich kompetente Hilfen anbieten zu können.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:
Ärzte gelten wegen der hohen Arbeitsbelastung und großen Verantwortung, die ihr Beruf mit sich bringt, als anfällig für Suchterkrankungen.

Ärzte gelten wegen der hohen Arbeitsbelastung und großen Verantwortung, die ihr Beruf mit sich bringt, als anfällig für Suchterkrankungen.

© Till Schlünz

SAARBRÜCKEN. Die saarländische Ärztekammer hat ein Interventionsprogramm zur Betreuung suchtkranker Ärzte auf den Weg gebracht. Betroffenen Medizinern wird zwar schon lange geholfen. Erstmals wird das Programm nun aber schriftlich fixiert und öffentlich bekannt gemacht.

Initiator des Programms ist der Saarbrücker Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. Ulrich Hutschenreuter. "Es ist leider so, dass Menschen, die süchtig sind, davor bis zur Katastrophe die Augen verschließen", sagte Hutschenreuter bei der Vorstellung des Interventionsprogramms.

"Wenn es uns gelingt, betroffene Kammer-Mitglieder früh einer Therapie zuzuführen, können wir vielleicht die eine oder andere Katastrophe vermeiden", so Hutschenreuter vor der Vertreterversammlung der Ärztekammer in Saarbrücken.

Mitglieder der Kommission sind erste Ansprechpartner

Für das Interventionsprogramm hat die Ärztekammer eine Suchtkommission gebildet, der insgesamt sechs Ärzte und Psychotherapeuten angehören, die sich auf die Behandlung Suchtkranker spezialisiert haben. Sie sollen erste Ansprechpartner sein, wenn Kollegen, Vorgesetzte, aber auch Arzthelferinnen den Verdacht haben, dass ein Mediziner suchtkrank ist und Hilfe braucht.

Am Anfang des Programms steht dann ein Gespräch zwischen einem Kommissionsmitglied und dem betroffenen Mediziner. Bestätigt sich dabei der Verdacht, hilft die Ärztekammer bei der schnellen Aufnahme einer Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung.

"Viele Ärzte, die bisher das Hilfsprogramm in Anspruch nahmen, wurden in der Oberbergklinik/Weserbergland behandelt", erläuterte Hutschenreuter. Dieses Haus habe sich auf Suchterkrankungen bei Ärzten und anderen Akademikern spezialisiert.

An die Behandlung schließt sich eine rund zweijährige Nachbetreuung an - mit regelmäßigen Terminen in der Suchtklinik, bei einem betreuenden Mitglied der Suchtkommission, bei Psychotherapie und Sucht-Therapiegruppe. Das Ganze wird schriftlich per Vertrag vereinbart.

Der suchtkranke Arzt muss dabei auch unangemeldeten Kontrollen zustimmen. Im Gegenzug wird ihm Vertraulichkeit zugesichert. "Bei Therapiewilligkeit und kooperativem Verhalten sichert die Kammer zu, dass keine personenbezogenen Daten an Dritte weitergegeben werden", so Hutschenreuter.

Darüber hinaus unterstützt die Kammer die Betroffenen aber auch bei der Bewältigung finanzieller Schwierigkeiten. Sie vermittelt Gespräche mit Krankenkassen und Versorgungswerk, informiert über mögliche Kostenerstattungen für die stationäre Entwöhnungstherapie und hilft bei der Vermittlung einer Praxisvertretung.

Hutschenreuter schätzt, dass pro Jahr vier bis fünf der über 5000 Mitglieder der saarländischen Ärztekammer das Programm in Anspruch nehmen können. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen seien Ärzte sogar stärker suchtgefährdet.

"Die Gründe liegen in der starken Beanspruchung durch den Beruf mit einer oft überdurchschnittlichen Arbeitsbelastung", so der Neurologe, "und dem Druck durch die hohe Verantwortung, die der Arztberuf mit sich bringt".

Bei erfolgreicher Therapie ist Approbation nicht in Gefahr

Unterstützung für das Interventionsprogramm kommt auch vom saarländischen Gesundheitsministerium. Nach Hutschenreuters Angaben wurde mit dem Ministerium vereinbart, dass keine approbationsrechtlichen Schritte eingeleitet werden, wenn der betroffene Arzt das Interventionsprogramm erfolgreich beendet.

"Die Maßnahme sichert das Interventionsprogramm rechtlich ab", erklärte der Neurologe und schaffe eine sehr solide Basis für den Versuch, suchtkranke Kammermitglieder wieder in den ärztlichen Alltag zu reintegrieren.

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