MVZ fürchten ideologischen Eifer der Politik

Die ärztlich geleiteten Medizinischen Versorgungszentren sehen sich beim Versorgungsgesetz auf der Verliererstraße.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Die Medizinischen Versorgungszentren fürchten herbe Einschnitte durch die Vorgaben des geplanten Versorgungsgesetzes.

Die Medizinischen Versorgungszentren fürchten herbe Einschnitte durch die Vorgaben des geplanten Versorgungsgesetzes.

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BERLIN. Das geplante Versorgungsgesetz wird die Entwicklung bei der Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) ausbremsen. Das fürchtet der MVZ-Bundesverband (BMVZ).

Die Verantwortlichen kritisieren, dass manche der vorgesehenen Regelungen auch solche MVZ behinderten, die nicht von Kapitalgesellschaften getragen seien.

Beispielhaft verweist der Verband auf die Pläne, dass Arztsitze künftig nur noch dann in ein MVZ verlegt werden sollen, wenn keine Versorgungsgesichtspunkte dagegen sprächen. "Damit gewinnt die KV ein Zustimmungsrecht, dessen Rahmenbedingungen äußerst unklar sind, was Willkürentscheidungen der KVen Tür und Tor öffnen würde", sagt BMVZ-Chef Dr. Bernd Köppl.

Eine Befragung der Ärzte in den umliegenden Praxen zum Beispiel mache die Weiterentwicklung und fachliche Komplettierung der Vertragsarzt-MVZ von den Interessen der konkurrierenden Praxen abhängig.

Auch das in den Eckpunkten der schwarz-gelben Koalition aufgeführte Vorkaufsrecht für KVen bei Praxisaufgaben in überversorgten Gebieten könne sich laut Köppl für die Versorgungszentren negativ auswirken. Dort komme es häufiger zu Nachbesetzungen der Arztstellen als in den klassischen Praxen.

Vom Antragsverfahren her aber gleiche ein Besetzungswechsel eines angestellten Vertragsarztsitzes dem Verfahren, das jeder Zulassungsinhaber durchlaufen müsse, wenn er seinen Sitz zur Nachbesetzung ausschreibe. Deshalb "steht zu befürchten, dass künftig auch die in MVZ ungleich häufigeren Nachbesetzungen angestellter Sitze unter dieses Vorkaufsrecht fallen werden", so Köppl.

Sein Fazit: "In ihrem ideologischen Eifer gegen MVZ haben FDP und CDU übersehen, dass die beabsichtigten gesetzlichen Restriktionen auch ärztlich geleitete MVZ - quasi als Kollateralschaden -schwer schädigen wird."

Den Aufkauf von Arztsitzen durch KVen betrachtet auch der Berliner KV-Vize Dr. Uwe Kraffel kritisch. "Wir sprechen da über viel Kapital, das in die Hand genommen werden muss. Das sollte in die Versorgung von Patienten fließen", sagte Kraffel bei einem Pressegespräch.

Den Vorwurf, dass Arztsitzverlegungen der KV-Willkür unterworfen seien, weist er zurück. Über die Verlegung eines Arztsitzes entscheide der Zulassungsausschuss, der rechtlich von der KV getrennt sei. Die Regelung bedeute eine Einschränkung für MVZ, sei "aber nicht unterworfen der Willkür der KV, sondern einem klaren Regelwerk", so Kraffel.

Der KV-Vize sieht "viele Vorteile" in MVZ, vertritt aber die Auffassung, dass sie "eher belastend für die Versorgung" wirkten. So versorgten Ärzte in MVZ aufgrund ihrer anderen Arbeitszeiten als Angestellte Kraffel zufolge weniger Patienten als niedergelassene Ärzte.

Sein Beispiel: Alle Berliner Augenärzte rechneten im ersten Quartal 2010 im Schnitt 1228 Fälle ab, die Augenärzte aus den MVZ jedoch mit 810 Fällen 34 Prozent weniger. Bei der Neugestaltung der Bedarfsplanung im Versorgungsgesetz plädiert der Berliner KV-Vize für Flexibilisierung.

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