In Hamburg formiert sich der Ärzte-Protest

Hamburgs Ärzte drohen zum Verlierer des Versorgungsstrukturgesetzes zu werden. In der Selbstverwaltung wird schon das Drohpotenzial ausgelotet.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
KV-Vize Plasmann: "Seit der Zentralisierung ging es eigentlich nur bergab."

KV-Vize Plasmann: "Seit der Zentralisierung ging es eigentlich nur bergab."

© Michael Zapf / KV Hamburg

HAMBURG. Noch beraten sich Fachausschüsse und Vertreterversammlung, mit welchen Mitteln die Hamburger Ärzte auf das Versorgungsstrukturgesetz reagieren. Der Gesetzesentwurf birgt für die Ärzte in der Hansestadt so viele Nachteile, dass massive Proteste nicht ausgeschlossen scheinen.

Nach Einschätzung des KV-Vorstands könnte sich das Gesetz negativ auf die Zahl der Praxen und auf die Öffnungszeiten auswirken - und damit dem Bild Hamburgs als Medizinmetropole erhebliche Kratzer zufügen.

Derzeit klärt der KV-Vorstand Hamburger Politiker über die Folgen des Gesetzes für die ambulante Versorgung auf. KV-Vize Walter Plassmann stellte im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" klar, dass Hamburg weiterhin auf eine rasche Regionalisierung drängt, um weitere Nachteile zu verhindern.

Seit drei Jahren geht es an der Alster bergab

"Bis 2008 konnten wir eine einigermaßen erfolgreiche KV- und Honorarpolitik betreiben. Seit der Zentralisierung ging es eigentlich nur bergab", sagte Plassmann.

Nur ein Beispiel ist die Neuregelung des Fremdkassenzahlungsausgleichs, von dem keine KV so abhängig ist wie Hamburg, wo zahlreiche Ärzte Patienten aus anderen Bundesländern versorgen.

Deshalb fordert Hamburg anders als etwa die im Bündnis "Länderübergreifender Angemessener Versorgungsanspruch" (LAVA) zusammengeschlossenen acht KVen eine sofortige Rückkehr zur Regionalisierung.

Von Regionalisierung nicht viel übrig geblieben

Dass die KVen in dieser einst unstrittigen Frage heute ein zersplittertes Bild abgeben, wertet Plassmann als Glaubwürdigkeitsproblem. "Das ist ein Hick-Hack, den niemand nachvollziehen kann. Damit verspielen wir unseren seriösen Ruf", warnt Plassmann vor den Folgen.

Im Gesetzesentwurf ist nach seiner Lesart von der Regionalisierung kaum etwas übrig geblieben, nachdem der KBV doch wieder Vorgaben zur Mengensteuerung der ärztlichen Honorare übertragen wurden.

Damit, so befürchtet Plassmann, bleiben den Regionen am Ende nur noch Detailregelungen. Es gibt darüber hinaus weitere Kritikpunkte der Hamburger an den derzeit diskutierten Regelungen:

Die Gesamtvergütung soll unabhängig von der Versichertenzahl eingefroren werden. Da Hamburg gegen den Bundestrend eine wachsende Bevölkerung hat, steht hier unter dem Strich pro Patient weniger Geld zur Verfügung.

Die erneut diskutierte asymmetrische Honorarverteilung könnte für die Hansestadt wieder zur Nullnummer werden, wenn nicht der Behandlungsbedarf zu Grunde gelegt wird. Schon 2011 war Hamburg bei der asymmetrischen Honorarverteilung leer ausgegangen.

Umland im Versorgungsgrad berücksichtigen

Honorarabschläge für vermeintlich überversorgte Regionen: Plassmann hält die Definition für Überversorgung für sachfremd. Denn die Umlandversorgung wird dabei nicht berücksichtigt.

Weil in manchen Hamburger Spezialpraxen jeder zweite Patient aus dem Umland kommt, entsteht für den Versorgungsgrad in der Hansestadt ein falsches Bild. "Wenn die Umlandversorgung einbezogen wird, hätten wir in keiner Arztgruppe Überversorgung", sagte Plassmann.

Allerdings hält er die These, dass finanzielle Anreize mehr Ärzte aufs Land locken, ohnehin für eindeutig widerlegt. Denn Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern oder Thüringen verdienen besser als ihre Kollegen in Hamburg - dennoch entscheiden sich nach wie vor mehr Ärzte für die Metropole.

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