Thüringens KV streitet um 45 Millionen Euro

Eklat in der Vertreterversammlung: Ist das Honorar zwischen Haus- und Fachärzten ungerecht verteilt?

Von Robert Büssow Veröffentlicht:
Vorsitzende der KV Thüringen: Dipl. med. Regina Feldmann.

Vorsitzende der KV Thüringen: Dipl. med. Regina Feldmann.

© Bild13 / imago

WEIMAR. Ein alter und erbitterter Streit um die Honorarverteilung zwischen Haus- und Fachärzten in Thüringen ist neu entbrannt.

Der Graben zieht sich mitten durch den Vorstand der KV Thüringen (KVT) und sorgte auf der jüngsten Vertreterversammlung in Weimar für eine hoch emotionale Debatte.

Der zweite KV-Vorsitzende Thomas Schröter legte am Mittwoch Zahlen vor, denen zufolge 45 Millionen Euro aus dem Honorartopf der Fachärzte an die Hausärzte geflossen seien.

"Es gibt ein Gefühl der Schieflage", sagte Schröter, Internist in Weimar und Repräsentant des Facharztlagers.

Frieden an der Basis bewahren, warnt Feldmann

Die erste KV-Vorsitzende, Allgemeinärztin Regina Feldmann, kritisierte die Berechnung als teilweise fehlerhaft. "Wir können mit solchen Zahlen nicht in die Öffentlichkeit gehen, wollen wir den Frieden an der Basis bewahren", warnte sie.

Schröters Vorstoß erfolgte gegen ihren Willen. Zur Überraschung der Ärztevertreter wurde der üblicherweise gemeinsame Bericht des Vorstands allein von Schröter vorgetragen, Feldmann antwortete in einer Gegenrede, die sie als solche jedoch nicht verstanden wissen wollte.

Die streitbaren KV-Vorsitzenden kassierten heftige Kritik in der Vertreterversammlung. "Ich betrachte es als Missachtung dieses Parlamentes, wenn wir mit unterschiedlichen Zahlen aus dem Vorstand konfrontiert werden. Ich erwarte ein konsentiertes Auftreten", sagte VV-Mitglied Rainer Lundershausen.

Fach- und Hausärzte hatten sich in einen tiefen Lagerkampf verkeilt

Hintergrund des Streits ist ein VV-Beschluss vom Februar 2009. Fach- und Hausärzte hatten sich in einen tiefen Lagerkampf verkeilt, der erst unter Beteiligung einer Arbeitsgruppe der KBV und Andreas Köhler geschlichtet werden konnte.

Zwischen 2002 und 2006 war Hausärzten in den Honorarverträgen ein Nachteil von kumuliert 21 Millionen Euro entstanden, der durch eine nachträgliche Änderung der Verteilung in 2007 und 2008 kompensiert werden sollte.

Die Verschiebung der Trennungslinie war extrem streitbefangen, ausgefochten von den Protagonisten Feldmann als KV-Vorsitzende und Schröter, damals noch normales VV-Mitglied.

"Wir müssen auf die Bremse treten", so Schröter

Diese Verschiebung hat laut Schröter jedoch zu einer Dynamik geführt, die seit 2007 eine Umverteilung nicht von 21, sondern inzwischen 45 Millionen Euro bewirkte - allein 2011 wandern demnach 11,2 Millionen Euro von den Fach- zu den Hausärzten. "Wir müssen auf die Bremse treten", sagte Schröter.

Die Angelegenheit hat auch deshalb einen faden Beigeschmack, weil die Thüringer Hausärzte seit 2009 Honorare in Millionenhöhe nicht abrufen konnten - und dies wiederum einen Folgekonflikt über die Verwendung der Mittel mit den Krankenkassen auslöste.

Diskussion wenig hilfreich bis Gericht entschieden hat, so Feldmann

Feldmann bestreitet die Zuverlässigkeit von Schröters Berechnung, auch weil die Vergütung extrabudgetärerer Leistungen der Fachärzte unberücksichtigt sei. Sie bezeichnete die Diskussion zudem als wenig hilfreich, da zum VV-Beschluss 2009 noch ein Gerichtsverfahren anhängig ist, dessen Ergebnis abzuwarten sei.

Sollte die neue Trennungslinie bestätigt werden, handele es sich de facto auch gar nicht um eine Umverteilung - das Geld habe dann ohnehin stets in den Topf der Hausärzte gehört. Deshalb, so Feldmann weiter, habe es sich auch nicht um eine Kompensation gehandelt, wie Schröter meint, sondern um eine Klarstellung.

In der VV sorgte der Dissens im Vorstand für Unmut. Schröter wie Feldmann betonten zwar, man wolle nicht in "frühere Muster der Polemik und Unterstellungen zurückfallen", doch das Klima zwischen den Vorsitzenden scheint ein Jahr nach ihrer Wahl eiszeitlich.

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