Bedarfsplanung: KBV will "Hobbypraxen" an den Kragen

Die KBV feilt weiter an ihrem Konzept zur Bedarfsplanung. KBV-Chef Köhler spricht auch Tabuthemen an: "Hobbypraxen" sollen Vollversorgern weichen. Auch ansonst werden alte Zöpfe abgeschnitten.

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Die KBV schaut sich den Bedarf an Ärzten in den Regionen genau an.

Die KBV schaut sich den Bedarf an Ärzten in den Regionen genau an.

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BERLIN (sun/af). Nicht alle Ärzte will der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, mit dem neuen KBV-Konzept zur Bedarfsplanung retten. Die sogenannten "Hobbypraxen", die nur wenige Scheine "machen", und die Ärzte, die weniger als 20 Stunden für die Versorgung der GKV-Versicherten zur Verfügung stehen, sind dem KBV-Vorstand ein Dorn im Auge.

"Wir müssen uns fragen, ob diese Mediziner einen vollen Vertragsarztsitz belegen können", sagte Köhler. Es sei sinnvoll, diese Frage - "heikel" und voller "politischen Sprengstoffs" - jetzt zu stellen, da der Gesetzgeber mit dem Versorgungsstrukturgesetz von der Selbstverwaltung eine Reform der Bedarfsplanung fordert.

Für die Versorgung mache es nämlich einen Unterschied, wie viele Stunden ein Arzt tatsächlich zur Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten zur Verfügung stehe, sagte Köhler.

Bis zu 20.000 neue Arztsitze?

Niederlassungswillige Ärzte, die das vertraglich vereinbarte Soll an Behandlungen gesetzlich Versicherter einhalten wollen, können dagegen optimistisch in die Zukunft blicken: Bis zu 20.000 neue Arztsitze könnte das KBV-Konzept zur Bedarfsplanung schaffen.

Grund: Das Verhältnis der Arzt-Patienten-Zahlen soll neu festgelegt werden. Es soll künftig verstärkt die demografische Entwicklung berücksichtigen, was die Zahl der Patienten angehe und den erwarteten Arbeitsaufwand.

Köhler dämpfte jedoch die Erwartungen: "Wir gehen davon aus, dass wir die neuen Arztstellen nicht sofort besetzt kriegen". Das Konzept werde aber jedenfalls Niederlassungen nicht mehr verhindern.

Insgesamt 34 statt 14 Arztgruppen in die Planung einbeziehen

Die KBV schlägt vor, statt 14 insgesamt 34 Arztgruppen in die Planung einzubeziehen. Die sollen dann drei Planungsbereichen zugeordnet werden: der hausärztlichen Versorgung, der wohnortnahen fachärztlichen Versorgung (wie zum Beispiel Kinderärzte, aber auch Psychotherapeuten) und Sonderbereichen der fachärztlichen Versorgung. (zum Beispiel Anästhesisten und Radiologen).

Die bisherige Regelung werde der Spezialisierung vieler Arztgruppen nicht gerecht, betonte Köhler. Die starre Orientierung an den Stadt- und Landkreisen sei damit bald hinfällig.

Flexible Planungsbereiche - kleine Gebiete für Hausärzte, größere für Fachärzte

Statt dessen will die KBV flexible Planungsbereiche schaffen. Diese sollen sich am zunehmendem Spezialisierungsgrad der Ärzte und Psychotherapeuten ausrichten. Sprich: Für Hausärzte gelten kleinere Gebiete, für Fachärzte wie zum Beispiel Radiologen wächst die Größe der Planungsregion. Eine längere Anreise zum Spezialisten sei zumutbar, sagte Köhler.

Eine wesentliche Neuerung des Konzepts: Die KBV will künftig die Zulassung für alle Fachärzte beschränken. Bisher konnten sich zum Beispiel Laborärzte niederlassen, wo sie wollten. Die Restriktionen sollten verdeutlichen, dass es genauso sinnvoll sei, sich als Grundversorger niederzulassen, erklärte Köhler dazu.

BÄK-Chef Montgomery: Landesärztekammern vermehrt beteiligen

Der Chef der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, forderte derweil, die Landesärztekammern vermehrt in die Landesausschüsse für Bedarfsplanung einzubeziehen. Das Gesetz gebe die Möglichkeit der Beteiligung der Landesärztekammern, schreibe sie aber nicht explizit vor.

Dabei sei es wichtig, dass in allen Bundesländern die Ärztekammern beteiligt seien. Die Frage, wie man ärztlichen Nachwuchs für die Niederlassung gewinnen könne, sei schließlich eines der zentralen Probleme der Bedarfsplanung.

KBV-Eckpunkte für die neue Versorgungsplanung
Die Bedarfsplanung richtet sich künftig nach dem Spezialisierungsgrad des Arztes
Hausärztliche Versorgung Fachärztliche / Psychotherapeutische Versorgung
A) Wohnortnahe
Versorgung
B) Sonderbereich I
fachärztliche
Versorgung
C) Sonderbereich II
fachärztliche
Versorgung
Hausärzte z.B. Augenärzte und
Psychotherapeuten
z.B. Radiologen z.B. Auftrag nehmende Ärzte
Ein Raumtyp: Gemeindeverbände Vier Raumtypen: Kreise
bzw. deren Teilräume
Ein Raumtyp: Raumordnungsregionen Ein Raumtyp: KV Regionen
Eine Verhältniszahl Vier Verhältniszahlen Eine Verhältniszahl Eine Verhältniszahl
(Korrekturfaktoren Mitversorgung und ggf. weitere Faktoren)
Lokale Korrekturfaktoren (insb. Demographie und ggf. weitere Faktoren) Lokale Korrekturfaktoren (insb. Demographie und ggf. weitere Faktoren) Lokale Korrekturfaktoren (insb. Demographie und ggf. weitere Faktoren)
Strukturelle Mindestbedingung:
Gemeindeverband muss mind. 3.000 Einwohner aufweisen
Untergliederung von Kreisen, die von Mitversorger-
effekten profitieren:
Pendlerkonzept
Untergliederung von Städten: Bezirke Untergliederung von
Städten: Bezirke
Quelle: KBV-Konzept Reform Bedarfsplanung; Tabelle: Ärzte Zeitung
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