Knackpunkt Chronikerpauschale

Die bayerischen Ärzte können sehr wohl vom neuen Hausarzt-Vertrag mit der AOK profitieren, findet Dr. Wolfgang Hoppenthaller. Der Ex-Chef des BHÄV rät den Ärzten aber genau darauf zu achten, welche Patienten man einschreibt.

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Dr. Wolfgang Hoppenthaller: "Der AOK-Vertrag bringt den Hausärzten was."

Dr. Wolfgang Hoppenthaller: "Der AOK-Vertrag bringt den Hausärzten was."

© dpa

MÜNCHEN (sto). Der neue AOK-Hausarztvertrag für Bayern, der ab 1. Juli finanzwirksam wird, ist nach Ansicht von Dr. Wolfgang Hoppenthaller, dem ehemaligen Vorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV), für die Hausärzte finanziell attraktiver als die Verträge mit den Betriebskrankenkassen.

Zu diesem Ergebnis kommt Hoppenthaller nach einer ersten Analyse der inzwischen veröffentlichten Vertragsunterlagen. "Der AOK-Vertrag bringt den Hausärzten was. Man muss aber ganz genau darauf achten, welche Patienten man in den Vertrag einschreibt", sagte Hoppenthaller im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Dreh- und Angelpunkt sei die Chronikerpauschale.

Bei Chronikern genau hinsehen

Ziel des Vertrages ist eine bessere und leitlinienorientierte Versorgung insbesondere von chronisch Kranken und Palliativpatienten. Zentrales Element sei die primärärztliche Versorgung sowie Koordinierung und Steuerung ärztlicher Leistungen durch den Hausarzt, heißt es dazu im Vertrag.

Patienten, die nach der Systematik im KV-System als Chroniker gelten, im AOK-Vertrag jedoch nicht zu den Chronikern zählen, sollten besser nicht eingeschrieben und stattdessen weiter über die KV abgerechnet werden, empfiehlt Hoppenthaller.

Dazu gehöre beispielsweise der einfache Hypertoniker. Im AOK-Hausarztvertrag sind 24 Krankheitsbilder mit den zugehörigen ICD-Bezeichnungen aufgelistet, die für die Chronikerpauschale infrage kommen.

Kontaktabhängige Pauschale für Palliativpatienten neueingeführt

Bei Chronikern mit nur einer gesicherten Diagnose ist die Vergütung im KV-System und im AOK-Vertrag in etwa gleich. Im AOK-Vertrag können als Zuschlag für den erhöhten Betreuungsaufwand zusätzlich zur kontaktabhängigen Grundpauschale in Höhe von 40 Euro weitere zehn Euro im Quartal abgerechnet werden.

Chroniker, mit zwei, drei oder mehr definierten Krankheitsbildern sollten nach Hoppenthallers Ansicht besser in den AOK-Vertrag eingeschrieben werden.

Für Chroniker mit zwei Diagnosen gibt es pro Quartal zusätzlich 27,50 Euro und für drei und mehr Diagnosen 55 Euro. In vielen Praxen "sind das aber nicht die Masse", sagte Hoppenthaller.

Hausbesuche, Präventionsleistungen, Vorsorgeuntersuchungen sowie Impfungen sind als Einzelleistung abrechenbar. Neu ist eine kontaktabhängige Pauschale für Palliativpatienten, die mit 120 Euro vergütet wird.

Auch neu ist die Vergütung für den Hausbesuch durch eine qualifizierte Praxismitarbeiterin (VERAH) bei chronisch Kranken und bei Palliativpatienten. Dafür können 15 Euro pro Besuch maximal dreimal pro Quartal abgerechnet werden.

Unbefristete Vertragslaufzeit

Für den Vertrag gilt eine Vergütungsobergrenze. Grundlage hierfür ist ein HzV-Quartalsbudget, das auf der Basis der bereinigten morbiditätsorientierten Gesamtvergütung sowie den extrabudgetären Leistungen errechnet wird.

In diesem Jahr erhöht sich der errechnete Betrag um 35 Millionen Euro, in den Folgejahren um jährlich 70 Millionen Euro.

Während AOK-Versicherte sich neu in den Vertrag einschreiben müssen, nehmen Hausärzte, die ihre Teilnahme bisher nicht gekündigt haben, automatisch am neuen AOK-Vertrag ab dem 15. Februar teil.

Die Laufzeit des Vertrages ist nicht befristet, eine reguläre Kündigung ist erstmals zum 30. Juni 2014 möglich.

Lesen Sie dazu auch: Schiedsspruch - Bittere Pille für Bayerns Hausärzte Schiedsspruch für Hausarzt-Vertrag in Bayern

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