KV-Chefin Kreuz räumt den Chefsessel

Nach sechs Jahren im KV-Vorstand in Schleswig-Holstein zieht sich Ingeborg Kreuz freiwillig aus dem Führungsamt zurück. Sie hat die KV durch eine schwere Führungskrise gesteuert - mit dem Rückhalt ihrer Vertreter.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Dr. Ingeborg Kreuz schließt das Kapitel KV-Vorstand mit einer positiven Bilanz und freut sich auf Privatleben und ärztliche Tätigkeit.

Dr. Ingeborg Kreuz schließt das Kapitel KV-Vorstand mit einer positiven Bilanz und freut sich auf Privatleben und ärztliche Tätigkeit.

© Schnack

BAD SEGEBERG. Wenn sich die schleswig-holsteinischen KV-Abgeordneten am Mittwoch (13. Juni) zu einer Routinesitzung treffen, wird Dr. Ingeborg Kreuz (51) letztmals im Vorstand sitzen.

Die Abgeordneten verabschieden anschließend eine Frau an ihrer Spitze, die die Nord-KV durch ihre schwerste Führungskrise geführt hat.

"Einfach mal den Mund halten": Wer einem KBV-Chef öffentlich diesen Rat erteilt, muss sich seiner Sache schon sicher sein und zugleich seine Truppen hinter sich wissen.

Beides traf auf Kreuz zu, als sie auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen der Nord-KV und der KBV um Honorarverteilung und regionale Kompetenzen ihre Empfehlung nach Berlin sandte.

Tatsächlich war Kreuz nicht nur überzeugt, sondern hatte den Rückhalt der niedergelassenen Ärzte im Land. Dies gilt heute nach wie vor.

Dass sie dennoch nach sechs Jahren im Vorstand und vier Jahren an dessen Spitze zurück in die ärztliche Tätigkeit geht, hat private Gründe. "Ich habe keine Lust mehr auf Wochenendehe", gibt sie zu.

Zwischen ihrem Wohnort Flensburg und dem KV-Sitz Bad Segeberg liegen über 90 Minuten Autofahrt - für das tägliche Pendeln zu viel. Auch die ärztliche Tätigkeit vermisst sie. Kreuz fehlte die Arbeit mit den Patienten.

Kreuz will sich zunächst einmal fortbilden

Ihre ruhende Zulassung wird die Hausärztin in einem Jahr wieder aufnehmen und dann vorwiegend mit älteren Patienten arbeiten. Die Zeit bis dahin nutzt sie, um zu hospitieren und sich fortzubilden.

Das ist typisch Kreuz: Wo sich andere wie selbstverständlich sofort wieder vor die Patienten stellen würden, hat sie das Selbstbewusstsein, sich die eigenen Schwächen einzugestehen. Und wer sechs Jahre aus der Praxis heraus war, kann nicht in allen Fragen auf dem neuesten Stand sein.

"Gerade die schnellen Veränderungen in der Arzneimitteltherapie muss man kontinuierlich verfolgen. Deshalb gönne ich mir die Zeit, mich wieder einzuarbeiten", sagt Kreuz.

Als sie vor sechs Jahren in den hauptamtlichen Vorstand gewählt wurde, hatte die Ärztin schon jede Menge standespolitische Erfahrung: Netzvorsitzende in Flensburg, Vorstandsmitglied im Hausärzteverband und in der Ärztegenossenschaft.

Das alles konnte sie jedoch nicht darauf vorbereiten, was sie intern erwartete. In Bad Segeberg kam es zu einem Bruch zwischen dem Vorstandsvorsitzenden Ralf Büchner und seinen beiden Kollegen, der nach einer für alle Seiten quälenden Auseinandersetzung mit zum Teil bis heute nicht abgeschlossenen juristischen Verfahren mit Büchners Demission endete.

Die Narben dieser Auseinandersetzung, sagt Kreuz, sind geblieben. Zugleich gingen sie und das weitere Vorstandsmitglied Ralph Ennenbach aber gestärkt daraus hervor - die Abgeordneten in Bad Segeberg vertrauen ihrem Führungsduo.

Das hat sich in der Sacharbeit ausgezahlt. Trotz mäßiger Zuwächse gibt es keine Auseinandersetzungen um das Honorar.

Zugleich haben Kreuz und Ennenbach das Thema Versorgung so stark in die Öffentlichkeit getragen wie kein Vorstand zuvor. Mit ihrer Landarztkampagne erzielen sie bundesweite Aufmerksamkeit und vor Ort sind kommunale Entscheidungsträger für das Problem sensibilisiert.

Bei der Kooperation mit den Krankenhäusern fuhr Kreuz eine konsequente Linie: Zusammenarbeit wo möglich - aber harte Linie, wenn Klinikträger nach ihrer Ansicht zu stark in die ambulante Versorgung drängen. Konfrontationen mit einzelnen Verwaltungschefs waren die Folge.

Keine Angst vor Kritik an Politikern

Und auch politisch ging sie keiner Konfrontation aus dem Wege, auch nicht mit Gesundheitsminister Heiner Garg. Als der sich nach ihrer Ansicht zu stark für den stationären Sektor engagierte, kritisierte sie ihn öffentlich.

Die Kritik war Ausdruck ihrer Ernüchterung über die Politik und die dort erzielten Ergebnisse. So hat Kreuz das KVSH-Konzept, ein Gesundheitskonto mit Solidargutschrift zumindest als Modellprojekt regional zu erproben, politisch nicht durchsetzen können.

Unterm Strich zieht sie dennoch ein positives Fazit. Mit KBV-Chef Andreas Köhler pflegt sie heute ein freundlich-kollegiales Verhältnis: "Ich versuche, ihn positiv zu unterstützen."

Einen völligen Rückzug kann sie sich nach 15 Jahren Standespolitik nicht vorstellen.

Die Mitarbeit in dem einen oder anderen Gremium würde sie reizen, aber unter einer Bedingung: "Meine Nachfolgerin Monika Schliffke soll sich in Ruhe einarbeiten und nicht an jeder Ecke über Kreuz stolpern. Sie wird ihren eigenen Weg gehen."

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