Berliner Prämien

Warum die KV-Klage erfolglos war

Die Berliner KV-Vorstände müssen mehr als eine halbe Million Euro zurückzahlen - weil sie bei ihrer Klage gegen einen Senatsbescheid einen Rückzieher gemacht haben. Im Interview erklärt LSG-Richter Axel Hutschenreuther, wie es zu diesem Wandel kam.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Axel Hutschenreuther: Als Richter am LSG Berlin-Brandenburg musste er den Berliner KV-Prämienstreit verhandeln.

Axel Hutschenreuther: Als Richter am LSG Berlin-Brandenburg musste er den Berliner KV-Prämienstreit verhandeln.

© LSG Berlin-Brandenburg

Ärzte Zeitung: Die KV Berlin hat ihre Klage gegen den Bescheid des Senats während der laufenden Verhandlung zurückgezogen. Ist so etwas üblich?

Axel Hutschenreuther: Ja. Die Rücknahme einer Klage ist nicht nur vor den Sozialgerichten ein üblicher Weg, das Verfahren zu beenden. Nicht immer muss es zur streitigen Entscheidung durch ein Urteil kommen.

Eine Klagerücknahme hat in der Regel zum Hintergrund, dass ein Kläger das Interesse am Rechtsstreit verloren oder eingesehen hat, dass die Klage keine Erfolgsaussicht hat. Letzteres dürfte hier der Fall gewesen sein.

Wie hätte Ihr Urteilsspruch gelautet, wenn die Klage nicht zurückgezogen worden wäre?

Im Laufe der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende deutlich gesagt: Nach dem Ergebnis der Vorberatung unter den drei Berufsrichtern habe die Klage keine Erfolgsaussichten. Dies führte dann ja auch zur Klagerücknahme.

Aus Sicht der Berufsrichter des Senats sprach alles dafür, dass der angefochtene Bescheid im Wesentlichen rechtlich einwandfrei war. Der Bescheid habe die Zahlung des Übergangsgeldes zu Recht beanstandet. Denn ein Anspruch auf die Zahlung von jeweils 183.000 Euro hätte nur bestanden, wenn sich ein "Übergang" zugetragen hätte.

Aufgrund der nahtlosen Anknüpfung einer zweiten Amtszeit sei dies aber eindeutig nicht der Fall gewesen. Versuche der Umetikettierung der Zahlung als "prospektive erfolgsunabhängige Prämie" seien untauglich.

Hat die Senatsgesundheitsverwaltung im Laufe der Verhandlung irgendwelche Zugeständnisse gemacht ?

Ja. Der Prozessvertreter der Senatsverwaltung hat ein Detail des Bescheides geändert, nämlich die in der Beanstandungsverfügung enthaltene Fristsetzung.

Die Vertreterversammlung wurde nun verpflichtet, die ihr im Wege der Rechtsaufsicht aufgegebenen Beschlüsse in der ersten Sitzung nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides zu fassen. Das hat sie meines Wissens auch getan. Zu weiter gehenden Zugeständnissen ist es nicht gekommen.

Der Prozessvertreter der Senatsverwaltung hat aber auch zu Protokoll erklärt: "Die Vertreterversammlung der Klägerin hat über die Höhe der Dienstbezüge der Vorstandsmitglieder zu entscheiden. Bei der Festlegung der Dienstbezüge hat sie einen weiten Entscheidungsspielraum. Eine Orientierung an den Vergütungen der Vorstände anderer Kassenärztlicher Vereinigungen dürfte aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden sein."

Dabei handelt es sich um eine Good-Will-Erklärung, die sich im Rahmen der ohnehin geltenden rechtlichen Maßstäbe bewegt und nicht den Streitgegenstand betrifft.

Hat die KV ihre Klage vor dieser Erklärung zurückgezogen oder erst im Anschluss?

Die KV hat ihre Klage erst nach dieser Erklärung zurückgezogen. Die Anträge waren bereits gestellt, die mündliche Verhandlung geschlossen. Als der Senat schon über das Urteil beriet, teilte der Anwalt doch noch die Rücknahme der Klage mit, die dann zu Protokoll genommen wurde.

Welche Fristen gelten denn nun für die faktische Rückzahlung der Übergangsgelder und wer kontrolliert das?

Gesetzliche Fristen gibt es hierfür nicht. Kontrollinstanz für die Rückzahlung ist die Senatsverwaltung für Gesundheit.

Was bedeutet das Ganze für den Haushalt der KV Berlin?

In den Jahren 2005 bis 2010 kam es zu Rückstellungen in Höhe von insgesamt 549.000 Euro. Das ist der Betrag, den die drei Vorstandsmitglieder hätten beanspruchen können, wenn sie nach Ablauf ihrer Amtsperiode aus dem Amt geschieden wären.

Im Wege der Rückzahlung muss dieser Betrag nun wieder dem KV-Haushalt zufließen. Ob der Haushalt nun mit höheren Vergütungen für die drei Vorstandsmitglieder belastet werden soll, muss die Vertreterversammlung verantwortlich entscheiden.

Lesen Sie dazu auch: Berliner Prämien II: Hausarzt flüchtet aus der VV

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