Leitartikel zum Notdienst

Das Dilemma mit den Bagatell-Fällen

Immer wieder klagen Ärzte, dass Patienten mit Bagatellerkrankungen den ärztlichen Notdienst aufsuchen. Eine stärkere finanzielle Belastung gilt vielen als Option, um die Fallzahlen zu reduzieren. Eine optimale Lösung wäre es aber wohl nicht.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Notdienst: Nicht jeder Besucher ist auch ein Notfallpatient.

Notdienst: Nicht jeder Besucher ist auch ein Notfallpatient.

© wolterfoto / imago

Wenn der niedergelassene Arzt mittwochs nachmittags Bereitschaftsdienst hat, meldet sich mit schöner Regelmäßigkeit um 14 Uhr eine Patientin, die an Atemnot leidet. Bei der Untersuchung kann der Arzt nie etwas feststellen.

Einige Zeit später stirbt die Frau an einem Asthma-Anfall - bei einem Kollegen, während des Bereitschaftsdienstes.

Was Dr. Peter Potthoff - inzwischen Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo)- aus eigener Erfahrung berichtet, veranschaulicht ein für den vertragsärztlichen Bereitschafts- oder Notdienst zentrales Dilemma: Ob ein Patient den Dienst zu Recht oder zu Unrecht in Anspruch nimmt, lässt sich erst hinterher feststellen. Eine Handlungsmaxime für die Zukunft bietet die Erkenntnis nicht.

"Den berühmten Filter für den Notdienst gibt es nicht", sagt der zweite Vorsitzende der KV Westfalen-Lippe Dr. Gerhard Nordmann.

KVen, die mit Arztrufzentralen arbeiten wie Nordrhein, Schleswig-Holstein oder Westfalen-Lippe, versuchen zwar, die Patientenströme vorab durch gezielte Fragen zu lenken. Aber das kann nur sehr begrenzt wirksam sein.

Denn in seiner subjektiven Sicht benötigt der Patient ärztliche Hilfe. Kaum jemand wird sagen: "Ich habe zwar nur einen leichten Schnupfen, möchte aber trotzdem vorbeikommen."

Viele Ärzte, die am Notdienst teilnehmen, berichten von einem hohen Anteil an Fehlinanspruchnahmen.

Aber verlässliche Daten gibt es nicht darüber, wie viele Patienten die Vertragsärzte ohne triftigen medizinischen Grund in den sprechstundenfreien Zeiten in Anspruch nehmen - sei es, weil sie mit einer Bagatellerkrankung kommen, weil sie vergessen haben, sich ihr Medikament rechtzeitig verordnen zu lassen, oder weil es zu den regulären Sprechzeiten einfach nicht gepasst hat ...

Jetzt gleich lesen ... Jetzt gleich lesen ...

Mehr zum Thema

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuer Hoffnungsträger

Homotaurin-Prodrug bremst Alzheimer

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen

Lesetipps
Schwere Infektionen mit Antibiotika richtig behandeln: Behandlungsmythen, die so nicht stimmen.

© bukhta79 / stock.adobe.com

Richtig handeln bei Infektionen

Drei Mythen bei der Antibiotika-Therapie auf dem Prüfstand