Notdienst-Streit

Hausärzte fühlen sich versklavt

Der ärztliche Notdienst sorgt in Nordrhein für einen heftigen Streit. Zwischen Hausärzten und KV scheinen die Fronten verhärtet. Die große Frage: Wurde die ärztliche Basis bei der Notdienst-Reform übergangen?

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
116117: Der ärztliche Notdienst ist in Nordrhein zum Dauerzankapfel geworden.

116117: Der ärztliche Notdienst ist in Nordrhein zum Dauerzankapfel geworden.

© Patrick Pleul / dpa

DÜSSELDORF. Die Zukunft des ärztlichen Notdienstes bleibt ein Zankapfel in der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo). Insbesondere zwischen dem Hausärzteverband und dem KVNo-Vorstand scheint das Tischtuch zerschnitten.

Der Verband wirft dem Vorstand vor, sein Konzept für die künftige Gestaltung des Notdienstes ohne Mitwirkung der ärztlichen Basis durchsetzen zu wollen. Als Zeichen des Protests trugen einige Hausärzte den Aufkleber "Demokratie jetzt".

Die von der VV Ende 2012 beschlossenen Eckpunkte für eine Notdienstreform sehen eine Vereinheitlichung und Zentralisierung vor. Kritik kommt unter anderem von den jetzt aktiven Notfallpraxen, die ihren Fortbestand gefährdet sehen. Viele Ärzte fürchten auch höhere Kosten als bisher.

Die niedergelassenen Ärzte, die ohnehin schon große finanzielle Probleme haben, dürften nicht auch noch durch den Notdienst belastet werden, sagte Dr. Jens Wasserberg.

Er sitzt für den Hausärzteverband im erweiterten Notdienstausschuss, fürchtet aber, dass dieses Gremium lediglich Alibi-Funktion hat. "Das Konzept soll durchgewunken werden", kritisierte er.

Dem Hausärzteverband ist die Einbeziehung der GMG Gesundheitsmanagementgesellschaft, einer 100-prozentigen Tochter der KVNo, ein Dorn im Auge.

"Wir sollten keine neue Bürokratie aufbauen, sondern die vorhandene nutzen", sagte der nordrheinische Hausärzteverbandsvorsitzende Dr. Dirk Mecking. Er warf dem KVNo-Vorstand vor, die Ärzte "dienstverpflichten und versklaven" zu wollen.

Das bezeichnete der KVNo-Vorsitzende Dr. Peter Potthoff als "schwachsinnige Behauptung". Er verwahrte sich gegen weitere Vorwürfe Meckings, etwa den, er würde mit falschen Zahlen hantieren. "Diese unzutreffenden und unwahren Behauptungen weise ich zurück."

Mitarbeit im Ausschuss eingestellt

Potthoff informierte die VV darüber, dass sich beim Notdienst ohnehin eine neue Situation ergeben hat. Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium hat nach einer Prüfung den Betrieb von 16 Notfalldienstpraxen durch Vereine gerügt.

Die Einnahmen und Ausgaben dieser Praxen sind nach Einschätzung des Ministeriums für die KVNo nicht nachvollziehbar.

"Die von derartigen Einrichtungen betriebenen Notfalldienstpraxen sollten möglichst zeitnah von der GMG mbH übernommen, beziehungsweise andere Notfalldienstpraxen sollten gegründet werden. Eine weitere Betreibung durch die Vereine halten wir nicht für zulässig", so das Ministerium.

Angesichts dieser Lage müsse die Notdienstreform neu diskutiert werden, sagte der Essener Augenarzt Dr. Ludger Wollring. Der Notdienstausschuss müsse zunächst die juristischen und aufsichtsrechtlichen Probleme prüfen, empfahl er.

Sein Antrag, dass der Ausschuss bis zur nächsten VV Vorschläge und einen Zeitplan erarbeiten sollte, ging einstimmig durch.

Allerdings war die Versammlung da schon deutlich dezimiert. Die VV hatte sich mehrheitlich für ein Ende der Debatte über den Notdienst ausgesprochen, obwohl noch eine Reihe von Rednern auf der Liste stand.

Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung erklärten Wasserberg und Dr. Ralph Krolewski vom Hausärzteverband daraufhin, dass sie ihre Mitarbeit im erweiterten Notdienstausschuss einstellen.

Dr. Heidemarie Pankow-Culot und Gerd Ekkehard Höveler überlegen derzeit noch, ob sie dem Beispiel folgen. Die Vertreter des Hausärzteverbands und die meisten Mitglieder der Freien Ärzteschaft verließen jedenfalls die Vertreterversammlung. "Schluss mit Konsens", sagte Hausarzt Mecking.

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