Westfalen-Lippe

Kampf vor Ort um Ärzte-Nachwuchs

In Westfalen-Lippe wird im Lokalen der Schlüssel gesehen, um junge Ärzte zu gewinnen und die Versorgung zu sichern.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Hausbesuch auf dem Land: Für die Sicherstellung der Versorgung sind lokal abgestimmte Konzepte nötig.

Hausbesuch auf dem Land: Für die Sicherstellung der Versorgung sind lokal abgestimmte Konzepte nötig.

© Klaus Rose

DORTMUND. Die KV Westfalen-Lippe (KVWL) will einen Fördertopf zur Finanzierung von Maßnahmen einrichten, mit denen ärztlicher Nachwuchs für die Niederlassung in Westfalen-Lippe gewonnen werden soll.

Das kündigte KV-Vorstandsvize Dr. Gerhard Nordmann auf dem KVWL-Jahreskongress in Dortmund an.

"Die heute niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten nehmen damit selbst und mit eigenem Geld die Verantwortung für die nachfolgende Generation in die Hand", sagte er.

Extensive Nachwuchswerbung

Der im Versorgungsstrukturgesetz vorgesehene Strukturfonds für Sicherstellungsmaßnahmen greife nur bei Feststellung einer Unterversorgung. Das sei der KVWL zu unflexibel, sagte er.

"Bis zur Unterversorgung wollen wir es nach Möglichkeit erst gar nicht kommen lassen. Wir wollen eher und wir wollen vor allem schnell und unbürokratisch agieren können."

Die Bedarfsplanung müsse zwingend um konkrete Instrumente ergänzt werden. Nordmann nannte eine extensive Nachwuchswerbung, ein unabhängiges, intensives Beratungsangebot für die jungen Kollegen und finanzielle Anreize und Unterstützung für die Niederlassung.

Er warnte davor, den rein statistisch erstellten Bedarfsplan als absolut zu sehen. "Wir werden immer auch eine tiefer gehende Analyse der Versorgungsgegebenheiten brauchen, zum Beispiel unter Einbeziehung von Fallzahlen und Patientenströmen."

Konkrete Kooperationsprojekte hilfreich

Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) sieht eine Diskrepanz zwischen dem statistisch gemessenen Bedarf und den realen Versorgungsnotwendigkeiten. "Wir haben keine Kenntnis darüber, was der tatsächliche Bedarf der Patienten ist", sagte sie.

Um Versorgungsengpässe zu beheben, seien unterschiedliche Konzepte notwendig, die jeweils vor Ort erarbeitet werden. Hoffnungen setzt Steffens in das neue Landesgremium für die sektorübergreifende Versorgung.

Themen, die das Gremium in NRW bearbeitet, sind das Überleitungsmanagement und die verbesserte medizinische Versorgung in Alten- und Pflegeheimen.

"Ich finde es gut, wenn wir mit solchen konkreten Beispielen dem Bund demonstrieren, was eigentlich geht", sagte Steffens.

Konkrete Kooperationsprojekte von niedergelassenen Ärzten und Kliniken helfen, gegenseitig Vertrauen aufzubauen, betonte der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen Jochen Brink.

Nicht nur bei der Patientenversorgung könnten beide Seiten an einem Strang ziehen. "Vorstellbar ist, dass Ärzte und Krankenhäuser gemeinsam für eine Region werben", so Brink. Schließlich sei der Nachwuchsmangel auch in Kliniken das Grundproblem.

Landrat sieht Handlungsbedarf

Um Abhilfe zu schaffen, sei die Einbeziehung der Kommunen wichtig, sagte der Hausarzt Dr. Eckhard Kampe, KVWL-Bezirksstellenleiter für Bochum/Hagen.

Im von Unterversorgung bedrohten Ennepetal sei es gelungen, zwei Studierende über Stipendien für den Verbleib in der Region zu gewinnen.

Die niedergelassenen Ärzte selbst müssten aber auch das Positive ihres Berufs stärker als bisher in den Vordergrund stellen, forderte er. "Wir müssen die Niederlassung schmackhaft machen."

Die Kommunen seien zum Engagement für die Sicherung der medizinischen Versorgung bereit, betonte Friedel Heuwinkel, Landrat im Kreis Lippe. Angesichts der bisher gemachten Erfahrungen sieht er aber Handlungsbedarf.

"Wenn Niedergelassene und Krankenhäuser gemeinsame Wege gehen, muss es für beide Seiten auch Abrechnungsmodelle geben."

Vernetzung ist die Zukunft

Die Vernetzung aller Akteure ist aus Sicht der Barmer GEK entscheidend, um langfristig die Versorgung sicherzustellen. Deshalb engagiere sich die Kasse beim Ärztenetz Siegen, das ein regionales Versorgungsmanagement aufbaut, sagte Landesgeschäftsführer Heiner Beckmann.

Geplant sind etwa Projekte zur Wundversorgung, zur Polypharmazie und dem Arzneimittel-Management.

"Das sind praktische Lösungen, die auch zur Sicherstellung der Versorgung in der Region beitragen."

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