Bundestag

MdB und Lobbyist - geht das?

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Lars Lindemann ist zugleich Hauptgeschäftsführer des Facharztverbandes. Manche regt das auf. Aber solche Doppeljobs sind gar nicht unüblich.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Wäre das Bundestagsmandat weg, bliebe ihm noch der Job als Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Fachärzte: FDP-Politiker Lars Lindemann.

Wäre das Bundestagsmandat weg, bliebe ihm noch der Job als Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Fachärzte: FDP-Politiker Lars Lindemann.

© Werner Schuering

BERLIN. Seit März dieses Jahres ist der FDP-Bundesabgeordnete Lars Lindemann, 42, auch Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Fachärzte. Dem "Handelsblatt" ist dies in der gestrigen Ausgabe eine ausführliche Story wert.

Bemüht werden die Initiative Lobby-Control, die den Doppel-Job als nicht vereinbar mit der Gewissensfreiheit eines Bundestagsabgeordneten ansieht, und die Jungen Liberalen, die bereits im Mai auf dem Bundesparteitag der FDP Rechenschaft von Lindemann forderten.

Kaum einer verstehe, dass Lindemann nicht einmal eine Schamfrist verstreichen lasse, sondern parallel in Politik und Wirtschaft Karriere mache.

Freilich: Persönlich ist gut nachvollziehbar, warum der gelernte Jurist und ehemalige Geschäftsführer eines Krankenhauses beruflich nichts anbrennen lässt. Noch vor wenigen Monaten sah es so aus, als ob der FDP der Wiedereinzug in den Bundestag nicht gelingen könne.

Aktuell liegt die Partei bei fünf Prozent - über den Abgeordneten schwebt das Damoklesschwert. Selbst wenn die Fünf-Prozent-Hürde geschafft wird - zwei von drei liberalen Abgeordneten werden dem nächsten Deutschen Bundestag nicht mehr angehören.

Rechtzeitige Jobsuche wird so zur Existenzfrage, zumal Lindemann erst 2009 ins Parlament eingezogen ist und somit nicht über großzügige Versorgungsansprüche verfügt.

Mehrfachjobs - für den MB-Chef kein Problem

Angesichts der gängigen Praxis vom Mehrfach-Jobs von Parlamentariern relativiert sich die Causa Lindemann. Von einem ganz anderen Kaliber ist der CDU-Abgeordnete Rudolf Henke.

Der Internist ist seit 2007 Vorsitzender des Marburger Bundes und war zu jener Zeit bereits Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen. 2009 bewarb er sich um ein Bundestagsmandat und nahm der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in Aachen das Direktmandat ab.

Einen Konflikt mit seiner Funktion als Gewerkschaftsvorsitzender sieht Henke nicht. Seit 2011 ist Henke auch Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Mit diesem Amt sitzt er automatisch im Vorstand der Bundesärztekammer. Mindestens vier Jobs also. Für Henke kein Problem.

Das Phänomen ist nicht auf Ärzte beschränkt. Fritz Schösser beispielsweise war viele Jahre bis 2009 für die SPD im Deutschen Bundestag. Gleichzeitig amtierte er als Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bayern.

Und in dieser Funktion war er Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Bayern und des AOK-Bundesverbandes. In der SPD ist es gang und gäbe, zugleich auch Gewerkschaftsmitglied zu sein. Mehrere Dutzend SPD-Abgeordnete sind zugleich hauptamtlich in der Gewerkschaft tätig.

Vom Multifunktionär zum Juwelenräuber

Ein anderes prominentes Beispiel war Reinhard Göhner, seit 1996 Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände. Zuvor war der Jurist Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustiz- und Bundeswirtschaftsministerium. Dem Parlament gehörte er bis 2007 an.

Als legendär gilt bis heute das Multifunktionstalent Hans-Otto Scholl. Der Jurist und FDP-Politiker war in den 70er und 80er Jahren Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie, gehörte dem Landtag von Rheinland-Pfalz an, war FDP-Landes- und -Fraktionsvorsitzender.

Ein Ikarus-Syndrom beendete seine Karriere: 1980 flog er wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten aus dem Verband, 1983 seine Partei aus dem Landtag. Scholl stand vor dem Ruin und verlegte sich auf Juwelenraub. Das brachte ihn für acht Jahre in den Knast.

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