Notdienst im Oderland

Ärzte protestieren gegen Reform

Ärger im Oderland: Seit Monatsanfang ticken die Uhren im Notdienst anders. Für die Ärzte gibt es zwar weniger Dienste, aber auch längere Dienstzeiten und damit weniger im Geldbeutel. Sie gehen auf die Barrikaden - und kritisieren die Beteiligung des Rettungsdienstes.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Grenze überschritten? Im Märkisch-Oderland, wo dieser Grenzstein steht, fühlen sich einige Ärzte bei der Refom des Bereitschaftsdienstes übergangen.

Grenze überschritten? Im Märkisch-Oderland, wo dieser Grenzstein steht, fühlen sich einige Ärzte bei der Refom des Bereitschaftsdienstes übergangen.

© Hohlfeld / imago

POTSDAM. Die KV Brandenburg ordnet den Bereitschaftsdienst im Landkreis Märkisch-Oderland (MOL) östlich von Berlin neu.

Weil sowohl der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst als auch der Rettungsdienst in den berlinfernen Teilen des Landkreises kaum beansprucht werden, soll eine Kooperation nun Vorhaltekosten sparen. Das hat der KV-Vorstand Mitte September beschlossen und zum 1. Oktober bereits teilweise umgesetzt.

"Statt bislang sieben Ärzten, die sich gleichzeitig bereithalten mussten, sind es nun nur noch zwei Ärzte", so der Vize-Vorsitzende der KV Brandenburg Andreas Schwark.

Damit werde nach wie vor sowohl die ärztliche Bereitschaft als auch die Akut- und Notfallversorgung ohne Abstriche gewährleistet, da die Einsatzfrequenzen im Rettungs- und Bereitschaftsdienst in der Vergangenheit sehr gering gewesen seien.

Lediglich fünf Einsätze habe es beispielsweise in der ersten Oktoberwoche im Bereitschaftsdienstbezirk Seelow nahe der polnischen Grenze gegeben.

Ärzte sehen sich übergangen

Viele Ärzte im Landkreis fühlen sich bei der Umstrukturierung jedoch von der KV übergangen. "Als allerletzte sind zwei Wochen vor der Beschlussfassung mit einer einzigartigen Arroganz der Macht die Strausberger Ärzte informiert worden, die mit am meisten betroffen sind", sagte Dr. Eberhard Krause der "Ärzte Zeitung".

Die Ärzte im Bereitschaftsdienstbezirk Strausberg sollen nach der Reform auch Teile der Märkischen Schweiz mit abdecken. Dadurch müssen sie nach Krauses Angaben deutlich weitere Wege mit bis zu 30 Minuten Fahrzeit in Kauf nehmen.

Außerdem erwartet der Strausberger Chirurg, dass die Zahl der Anforderungen in den Diensten zunimmt, weil ein Pflegeheim dazukommt. "Die Belastung steigt", sagte Krause. Knapp die Hälfte der betroffenen Strausberger Ärzte haben sich nun mit ihrem Protest an die KV gewandt. Ihr Schreiben blieb aber bislang unbeantwortet.

Ähnlich geht es den Ärzten in der Märkischen Schweiz rund um Buckow und Müncheberg, die sich bereits zweimal mit Protestschreiben an die KV gewandt haben. Ihr Dienstfrequenz sinkt durch die Umstrukturierung deutlich, dafür wachsen die Entfernungen und voraussichtlich auch die Anforderungen.

Für die Ärzte bedeutet das sinkende Einnahmen - sie erhalten Pauschalen für die Bereitschaftsdienstzeit - und wachsende Arbeitsbelastung.

Neun von zehn Ärzten im Bereitschaftsdienstbezirk haben die Änderungen deshalb im Vorfeld des KV-Vorstandsbeschlusses abgelehnt und dies der KV mitgeteilt. Ihr Votum wurde jedoch nicht berücksichtigt.

Doch die Ärzte aus der Region kritisieren die Änderungen nicht nur aus ihrem finanziellen Eigeninteresse. Als "Skandal" bezeichnet es die Müncheberger Hausärztin Dr. Dörte Fiebig, dass der Rettungsdienst zwei Bereitschaftsdienstbezirke übernimmt.

KV weist Kritik zurück

"Die Rettungszeiten sind in unserem Landkreis ohnehin kaum zu halten, unter den neuen Bedingungen gelingt das überhaupt nicht mehr", sagte Fiebig der "Ärzte Zeitung".

Sie meldet zudem Zweifel an, ob die Kooperation mit dem Rettungsdienst überhaupt gesetzes- oder normenkonform ist. Schließlich übernimmt der kommunale Rettungsdienst damit Aufgaben der Kassenärzte und auch deren Honorar.

Die KV zahlt für die Durchführung des Bereitschaftsdienstes je eine Dienstpauschale für MOL Nord und MOL Süd. "Die Höhe entspricht der in allen Bereitschaftsdienstbezirken", teilte sie der "Ärzte Zeitung" mit.

Im Übrigen weist Schwark die Kritik der Ärzte zurück. Die KV habe rechtzeitig informiert, und gegen die Änderung habe es keine Voten, sondern "lediglich kritische Einzelstimmen" gegeben.

Dass die Änderung nicht gesetzeskonform sei, bezeichnet Schwark als Unsinn. Notfälle hätten natürlich weiterhin Vorrang. Er signalisierte Verständnis für die Kritik wegen der finanziellen Einbußen.

Für die niedergelassenen Ärzte in dieser Region bedeute die Umstrukturierung jedoch insgesamt eine Entlastung. "Sie werden nicht mehr so oft zum Bereitschaftsdienst eingeteilt", so Schwark.

Mit der Neuregelung werde die ärztliche Tätigkeit im ländlich geprägten Raum wieder attraktiver. "Die KV wird auch weiter mit Ärzten, die dem Projekt kritisch gegenüber stehen, im Gespräch sein", kündigte der KV-Vize an. Zudem soll die Kooperation mit dem Rettungsdienst evaluiert werden.

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