Montgomery

"Die bessere PKV-Vergütung führt zu schnelleren Terminen"

Bei der Eröffnung des Ärztetags hat sich BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery immer wieder direkt an Bundesgesundheitsminister Gröhe gewandt. Wir dokumentieren seine Rede in Auszügen.

Von Professor Frank Ulrich Montgomery Veröffentlicht:
Klare Botschaften: Professor Frank Ulrich Montgomery bei der Eröffnung des Ärztetags.

Klare Botschaften: Professor Frank Ulrich Montgomery bei der Eröffnung des Ärztetags.

© Jochen Rolfes

Lieber Herr Gröhe, die Zusammenarbeit mit Ihrem Hause läuft gut, die Abstimmung mit Ihnen ist von Sachlichkeit und Problemlösungswillen geprägt. Ihre Aufgabe ist es nun, den Koalitionsvertrag der Großen Koalition im Bereich Gesundheit umzusetzen. Sie tun dies mit einem deutlichen Bekenntnis zur Freiberuflichkeit.

Dieser für uns zentrale Punkt steht am Anfang des Kapitels zur Gesundheit im Koalitionsvertrag. Damit wird klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der Erhalt dieser Freiberuflichkeit die große Herausforderung ist, die uns als Ärztinnen und Ärzte alle eint.

Freiberuflichkeit ist für uns mehr als wirtschaftliche Unabhängigkeit oder Garantie für die Versorgungswerke. Freiberuflichkeit sichert die Unabhängigkeit des Patient-Arzt-Verhältnis. Sie ist Grundlage von Therapieverantwortung und Therapiefreiheit. Und begründet damit eines der wichtigsten Patientenrechte. Das ist für uns essentiell, das müssen wir gemeinsam bewahren.

Mehr Qualität - weniger Tempo

Es ist wohltuend, dass Sie den Koalitionsvertrag nicht in einem Parforceritt angehen, sondern offensichtlich eher auf Qualität denn auf Quantität und Tempo setzen. Und Sie wollen nicht nur die klassischen "Krankenversicherungsthemen" anpacken, sondern sich auch intensiv den ethischen Themen der Medizin widmen. Das begrüßen wir.

Ich bin mir übrigens gar nicht so sicher, ob die Formulierungen im Vertrag auch so ausgesehen hätten, wenn Sie schon zum Zeitpunkt der Verhandlungen gewusst hätten, dass Sie das einmal umsetzen müssen. Da hätte es vielleicht andere Schwerpunkte und andere Formulierungen gegeben.

Der Koalitionsvertrag kommt ja mit einer bemerkenswerten Mischung von extremer Kleinteiligkeit und großen Überlegungen daher. Da wird auf der einen Seite im Regierungsprogramm die Forderung nach einzelnen Disease-Management-Programmen gegen Depression und Rückenschmerzen aufgestellt, auf der anderen Seite werden große Themen wie ein Masterplan Medizinstudium, die Reform der Krankenhausfinanzierung oder - als Generalthema - "Qualität" angesprochen. Da haben Sie uns an Ihrer Seite! (...)

Nun also soll ein Qualitätsinstitut gegründet werden. Der Gesetzentwurf ist in der parlamentarischen Beratung. Josef Hecken, der machtbewusste Chef des GBA, hat schon im "Spiegel"-Interview verkündet, er stelle sich dieses Institut als Behörde unter seiner Aufsicht mit einem Etat von 16 Millionen Euro vor.

Herr Minister, genau so etwas brauchen wir nicht! Wir brauchen und wollen keine Behörde, die Qualität verwaltet! Wir wollen Unterstützung dabei, Qualität zu produzieren und zu verbessern! Vergessen wir bitte nicht: Wir, die Mitarbeiter des Gesundheitswesens erzeugen Qualität bei der Behandlung von Patienten, Behörden und Krankenkassen verwalten sie nur.

Wir versorgen und behandeln Menschen, in Behörden und bei den Kassen wird nur Papier behandelt. Das ist der fundamentale Unterschied, den man nie aus den Augen verlieren darf! Schließlich waren es Ärztinnen und Ärzte, die die Qualitätssicherung erfunden und zu ihrem heutigen Stand entwickelt haben - dies übrigens am Anfang gegen den vehementen Widerstand der Krankenkassen, die das für überflüssig und für Geldverschwendung hielten.

"Hecken und GBA sollen meinetwegen die Verwaltung organisieren"

Deswegen fordern wir, dass der ärztliche Sachverstand in dieser Behörde führend verankert wird. Herr Hecken und der GBA sollen meinetwegen die Verwaltung organisieren. In den wissenschaftlichen Gremien und den Beiräten muss aber eine klare, den Regeln des ärztlichen Berufsrechts verpflichtete Mehrheit der ärztlichen, zahnärztlichen und psychotherapeutischen Fachleute gewährleistet sein. Alles andere wäre wie ein Orchester ohne Musiker.

Herr Minister Sie haben in letzter Zeit mehrfach betont, dass Ihr Verständnis von Selbstverwaltung und Subsidiarität auch bedeutet, dass der Staat nicht regeln muss und soll, was die Selbstverwaltung bereits geregelt hat. Dem stimmen wir zu! Geben Sie uns den Auftrag und die Chance, dies auch im Qualitätsinstitut zu beweisen. (...)

An anderer Stelle kann diese Auffassung von der Subsidiarität der Selbstverwaltung ebenfalls zielführend sein. Ich meine die sogenannte "Termingarantie" von vier Wochen. (...) Fakt ist, und das hat die KBV mit vielen Studien belegt: über 75 Prozent der Patienten warten entweder gar nicht oder bekommen innerhalb einer Woche einen Konsiliartermin bei einem Kollegen, einer Kollegin, wenn eine Ärztin oder ein Arzt sie gesehen und die Notwendigkeit einer Facharztkonsultation festgestellt hat.

Wartezeiten bestehen lediglich dort, wo Patienten selbst einen Facharzttermin bei einem Facharzt ihrer Wahl suchen. Dort gibt es längere Wartezeiten und die Tatsache, dass Privatpatienten hier schneller zu einem Termin kommen, wird sofort als Beleg für eine angeblich qualitätsmindernde "Zwei-Klassen-Medizin" genommen.

Dabei wissen wir alle, dass es das bessere Vergütungsmodell, also das bessere Leistungsversprechen der Privaten Krankenversicherung ist, das hier zu schnelleren Terminen führt.

Wenn die Funktionäre der Gesetzlichen Krankenversicherung das beklagen, weiß ich eine schnell wirksame und effiziente Therapie dagegen: Vergüten, leisten und regeln Sie wie die PKV! Dann bekommen Ihre Patienten genau so schnell einen Termin.

Mehr Bürokratie - weniger Effizienz

Es kann aber nicht sein, dass Sie den Patienten nach wie vor ein völlig ungemindertes globales Leistungsversprechen abgeben und dann von uns, den Ärztinnen und Ärzten, unter gedeckelten Budgets, Sparvorgaben, strengen Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regressen die Einlösung Ihrer ungedeckten Schecks verlangen!

Und deswegen sagen wir: Wir können das Problem dann lösen, wenn es auf diejenigen Patienten beschränkt wird, die bereits ein Arzt gesehen hat und die eine vom Arzt qualifizierte Überweisung in den Händen halten. Das können wir selbst organisieren, und das sollten wir auch selbst organisieren - sonst haben wir nur die Krankenkassen mit im Boot eines gesetzlichen Lösungsvorschlags.

Und das hieße nur mehr Bürokratie, mehr MDK, mehr reizende Nachfragen von Krankenkassenmitarbeitern - und vor allem: weniger Effizienz.

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Veröffentlicht: 27.05.2014 © Springer Medizin

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