Ärger in Thüringen

Ausgelagert in die Notaufnahme?

Krankenhäuser in Thüringen stöhnen über immer mehr Patienten in den Notaufnahmen. Klinikvertreter äußern den Verdacht, Patienten wollten so Wartezeiten umgehen. Die KV ist empört.

Von Robert Büssow Veröffentlicht:
ZNA in Jena: Gehen Patienten vermehrt ins Krankenhaus, weil sie Wartezeiten und volle Wartezimmer bei niedergelassenen Ärzten vermeiden wollen?

ZNA in Jena: Gehen Patienten vermehrt ins Krankenhaus, weil sie Wartezeiten und volle Wartezimmer bei niedergelassenen Ärzten vermeiden wollen?

© Jan-Peter Kasper / dpa

ERFURT. Thüringens Krankenhäuser stöhnen über steigende Patientenzahlen in der Notaufnahme - und über die schlechte Bezahlung für dort erbrachte ambulante Leistungen. "Die Notfallbehandlung ist ein Zuschuss-Geschäft", sagte Katrin Wiesner, Sprecherin des SRH-Waldklinikums Gera, in einem Gespräch mit der "Thüringischen Landeszeitung".

Eine Äußerung, die bei der Kassenärztlichen Vereinigung in Weimar auf Befremden stößt. "Für uns niedergelassene Ärzte ist die Behandlung von Patienten kein Geschäft, sondern unsere Aufgabe", sagt KV-Chefin Annette Rommel.

Sie lehne deshalb Forderungen nach einem "Klinik-Zuschlag" ab. "Gleiche ambulante Leistungen werden auch gleich honoriert, unabhängig davon, ob sie ein niedergelassener Arzt oder eine Klinik erbringt", so Rommel. Es gebe keinen sachlichen Grund, dies anders zu handhaben.

Das sehen die Krankenhäuser etwas anders. Denn seit Jahren steigen die Behandlungsfälle in den Notfallzentren und dafür wird auch die KV verantwortlich gemacht. Im SRH-Klinikum Gera etwa sei man vor zehn Jahren von 21.000 Patienten jährlich in der Notaufnahme ausgegangen - inzwischen seien es 35.000 Patienten.

Ähnlich sieht die Lage in anderen Krankenhäusern im Freistaat aus. In der Diskussion schwingt der Vorwurf mit, die Notaufnahme werde auch deshalb immer häufiger aufgesucht, weil sich Patienten die Wartezeit auf einen Termin beim niedergelassenen Arzt sparen wollen und einen Notfall angeben.

Nicht zuletzt sehen die Kliniken mit Sorge, dass die KV die Präsenzzeit der niedergelassenen Ärzte in diesem Jahr von 48 auf 45 Stunden reduziert hat.

In dieser Zeit muss der Arzt für seine Patienten erreichbar sein, auch über die 20 Stunden Sprechzeit pro Woche hinaus - so will es die Sprechstundenrichtlinie der KV. Dafür beginnt der kassenärztliche Notdienst seit April an drei Tagen pro Woche bereits 18 Uhr statt wie bundesweit 19 Uhr.

Die KV Thüringen reagiert empfindlich auf solche Vorwürfe. "Die veränderten Präsenzzeiten der niedergelassenen Ärzte am Abend und an Brückentagen bedeuten nicht, dass Sprechstundenzeiten reduziert werden, sondern dass die Zeit des kassenärztlichen Notdienstes um eine Stunde erweitert wurde, um die Erreichbarkeit für Notfälle zu verbessern", erklärt Rommel.

Es bestehe für Patienten in Thüringen also keine Notwendigkeit in die Notaufnahme eines Krankenhauses zu gehen. Der KV-Notdienst sei zwar oft in angemieteten Räumen einer Klinik untergebracht, allerdings funktioniere die Zusammenarbeit mit den Notaufnahmen in der Regel sehr gut, hieß es.

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