Forschungsreform

Kein Platz für Nachwuchsmediziner?

Kooperationsverbot bei Bildung gelockert, Bafög-Gelder werden neu verteilt: Bund und Länder wollen viele neue Studienplätze schaffen. Aber gilt das auch für das Fach Medizin?

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Voller Hörsaal in Halle: Offenbar gibt es mit der Forschungsreform keine zusätzlichen Medizinstudienplätze.

Voller Hörsaal in Halle: Offenbar gibt es mit der Forschungsreform keine zusätzlichen Medizinstudienplätze.

© Grubitzsch/dpa

BERLIN/NEU-ISENBURG. Bund und Länder wollen in den kommenden Jahren deutlich mehr Studienplätze schaffen. Die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern wollen bis 2020 das Angebot - im Vergleich zu 2005 - auf 760.000 zusätzliche Plätze erweitern. Möglich machen soll dies auch eine Reform des Kooperationsverbots, das der Bundestag in seiner Sitzung am Donnerstagabend mit einer Grundgesetzänderung gelockert hat.

Dieser Grundgesetzänderung muss noch der Bundesrat am 19. Dezember zustimmen. Die Zustimmung der Länder, die wie die Bundestagsabgeordneten mit einer Zweidrittel-Mehrheit dafür votieren müssen, gilt als sicher. Damit wird ein Teil der 2006 beschlossenen Föderalismusreform korrigiert. Das Kooperationsverbot hatte es dem Bund bisher untersagt, Bildung und Forschung in den Ländern dauerhaft zu finanzieren.

Wenig Optimismus

Ob durch die Reform auch neue Medizinstudienplätze entstehen, ist eher unwahrscheinlich. Da schon bei den vorangegangenen Hochschulreformen keine neuen Plätze für Nachwuchsmediziner geschaffen wurden, geht man beim Medizinischen Fakultätentag (MFT) davon aus, dass im Rahmen der Reform keine neuen Plätze entstehen. Seit Jahren bewerben sich auf jeden der rund 10.000 Medizinstudienplätze drei Abiturienten.

Ein weiterer Teil der neuen Universitäts-Finanzierung ist die sogenannte Programmpauschale für Drittmittelprojekte. Dies sind Gelder für Hochschulen, die Zusatzkosten für Verwaltung oder Mieten abdecken sollen. Bei Mitteln für Forschungsprogramme der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) können nur Projektkosten, aber keine laufenden Kosten abgerechnet werden. Dies hatte in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen geführt.

Nach Angaben des MFT betragen bei Drittmittelprojekten die zusätzlichen Kosten im Schnitt fast 41 Prozent. Um dies abzufedern, soll ein Teil dessen - auch aus den frei-werdenden Mitteln der Bafög-Gelder, die demnächst der Bund vollständig übernimmt - von den Ländern mitgetragen werden. Künftig zahlen die Länder zwei Prozent der Kosten.

Anteil des Bundes bleibt bei 20 Prozent

Der Anteil des Bundes bleibt wie bisher bei 20 Prozent. "Durch den flexiblen Einsatz dieser Mittel der DFG können sich die Medizinischen Fakultäten im internationalen Wettbewerb besser strategisch aufstellen", so Professor Heyo Kroemer, Präsident des MFT in einer Mitteilung.

Die Finanzierung soll für Projekte gelten, die ab 2016 neu bewilligt werden. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) sieht eine "Win-Win-Situation für Bund und Länder", da die Kooperation "noch unkomplizierter, noch verlässlicher" werde, so Wanka nach dem Bundestagsbeschluss.

Auch soll die Exzellenzinitiative für Spitzenuniversitäten nach 2017 fortgeführt werden. Die Hochschulen sollen künftig bei der Ausbildung fachlicher und strategischer Profile in allen Leistungsbereichen unterstützt werden können. Konkrete Pläne dazu werden erst im Sommer 2016 festgelegt. Man müsse aber aufpassen, heißt es beim MFT, dass durch diese erneute Leuchtturmförderung keine unterschiedlichen Universitäten entstehen - die, die exzellente Forschung bieten und die, die ausschließlich ausbilden.

Lesen Sie dazu auch: Kommentar zur Forschungsreform: Zementierte Ungleichheit

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