KBV-VV

Klares Nein zum Versorgungsgesetz

Ein "verheerendes Signal" an den ärztlichen Nachwuchs und die Freiberufler sieht die KBV-VV im geplanten Versorgungsstärkungsgesetz. Die Delegierten verabschieden eine Resolution.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Einmütig gegen das Versorgungsgesetz: Abstimmung der KBV-VV zur Resolution.

Einmütig gegen das Versorgungsgesetz: Abstimmung der KBV-VV zur Resolution.

© David Vogt

BERLIN. Die Vertragsärzteschaft lehnt Kernelemente des Versorgungsstärkungsgesetzes grundsätzlich ab. Hintergrund dafür ist die Gesetzes-Philosophie, in der die KBV eine ideologisch begründete Schwächung freiberuflicher Strukturen und eine Förderung und Bevorzugung von teils staatlichen Institutionen sieht.

Einstimmig hat die KBV-Vertreterversammlung am Freitag in Berlin ihre Ablehnung des Gesetzes in einer Resolution bekräftigt.

Im Einzelnen wird in der Resolution kritisiert:

- Die Sollvorschrift zum Zwangsaufkauf von Praxissitzen ausschließlich bei freiberuflichen Ärzten, nicht jedoch von MVZ-Sitzen: Das stehe im Widerspruch zur Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung und den Regelungen zur Wartezeiten-Verkürzung.

- Die zentral durch Servicestellen der KVen gesteuerte Terminvermittlung: Das führe faktisch zur Abschaffung der freien Arztwahl und begünstige patientenfeindliche Bürokratie.

- Die obligatorische Öffnung von Krankenhäusern für die ambulante Versorgung in unterversorgten Regionen: Das verkenne, dass es in Kliniken überhaupt keine hausärztliche Versorgung gebe. Ferner seien Fachärzte der Grundversorgung auch in Kliniken knapp.

- Durch Gründung kommunaler MVZ und Öffnung der Hochschulambulanzen zu Lasten selbständiger Niederlassung würden staatliche Versorgungsstrukturen bevorzugt.

- Die Weichenstellung für die Substitution ärztlicher Leistungen werde im Ergebnis zu einer deutlichen Abwendung vom Prinzip des Arztvorbehalts führen.

"Dieses Gesetz ist voller Widersprüche und Ungereimtheiten. Es wirkt wie Lochfraß an der wohnortnahen ambulanten Versorgung", so der KBV-Vorsitzzende Dr. Andreas Gassen.

Um mit Wartezeiten und Versorgungsengpässen adäquat umzugehen, schlugen Gassen und KBV-Vorstand Regina Feldmann das schon vor Jahren von der KBV entwickelte Wahltarif-Modell vor: mit freiem Zugang der Patienten zu allen Versorgungsstufen nach eigenem Ermessen oder einem alternativen Tarif, in dem Haus- oder Fachärzte den Zugang zu höheren Versorgungsebenen steuern.

NÄPA: KBV-Vorstand soll nachbessern

Auch Honorarpolitik beschäftigte die Vertreterversammlung: Die Delegierten lehnten mehrheitlich einen Antrag baden-württembergischer Hausarzt-Vertreter ab, dem KBV-Vorstand den Auftrag zu erteilen, den Beschluss des Bewertungsausschusses zur extrabudgetären Vergütung nichtärztlicher Praxisassistentinnen (NÄPA) aufzuheben.

Stattdessen sollten die extrabudgetär von den Kassen den Hausärzten zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 118 Millionen Euro durch einen Zuschlag auf die Chronikerpauschale verwendet werden, damit die Mittel allen Ärzten, die qualifizierte Praxisassistentinnen (also auch eine VERAH) beschäftigen, davon profitieren können, so die Forderung.

Davon war die Mehrheit der Vertreterversammlung nicht zu überzeugen. Sie erteilte vielmehr dem Vorstand den Auftrag, umgehend Übergangslösungen auszuarbeiten und mit dem GKV-Spitzenverband zu vereinbaren, um Praxen mit bereits ausgebildeten und regional geförderten Delegationsassistentinnen den Fortbestand der Förderung zu sichern.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist, dass VERA-Assistentinnen eine Nachqualifikation mit einem Fortbildungsaufwand von 20 Stunden benötigen, damit sie als NÄPA anerkannt werden.

Eine Auseinandersetzung führten die KBV-Vertreter über weitere Anforderungen, um die NÄPA-Vergütung zu erhalten, insbesondere die Mindest-Fallzahl von 860 Patienten pro Quartal.

KBV-Vorstand Regina Feldmann wies darauf hin, dass der GKV-Spitzenverband ursprünglich eine aus ihrer Sicht unrealistische Mindest-Fallzahl von 1200 gefordert habe.

Richtig sei aber, dass die beabsichtigte Strukturförderung eine Konzentration des Mitteleinsatzes erfordere - und keine Verteilung mit der Gießkanne. Insbesondere Vertreter aus westlichen KVen, beispielsweise Hessen, beklagten, dass Hausärzte im Osten zu etwa 80 Prozent in den Genuss der Zusatzvergütung kämen, im Westen hingegen nur 60 Prozent.

Nach Angaben von Feldmann ist für die erste Praxisassistentin eine Strukturförderung von bis zu 5260 Euro möglich. Bei fünf Hausbesuchen pro Wochen fallen pro Jahr weitere 4080 Euro an.

Bei Beschäftigung einer zweiten NÄPA könne die Vergütung auf bis zu 21.580 Euro steigen.

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