Kommentar zum Ärztetag

Nichts geht ohne Montgomery

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:

Ein gutes, schlechtes, oder eher durchwachsenes Wahlergebnis für Frank Ulrich Montgomery? Geschenkt. Die Wahl ist Geschichte, und es mag Ärzten an der Basis und Verbandsfunktionären passen oder nicht: Der Ärztetag will Kontinuität an der Führungsspitze, er will mit Montgomery und seinen mit grandiosem Ergebnissen wiedergewählten Stellvertretern Martina Wenker und Max Kaplan in die Zukunft marschieren.

Hartmannbundchef und KVWL-Vize Klaus Reinhardt, alles andere als ein Funktionärs-Leichtgewicht und im Vorfeld als Gegenkandidat von Montgomery gehandelt, wurde mit denkbar knapper Mehrheit (123 gegen 121 Stimme für Dr. Susanne Johna aus Hessen) in den Vorstand gewählt. Er war im Nachhinein klug beraten, sich nicht als chancenloser Zählkandidat gegen Montgomery zur Verfügung zu stellen.

Man wird auch in Zukunft von Montgomery nicht erwarten können, dass er die zerstrittene Ärzteschaft befrieden kann. Innerärztliche Konflikte gab es schon vor 20 und mehr Jahren, und es wird sie auch in 20 Jahren noch geben. Zu divergierend sind die Interessen, zu intensiv ist das Gerangel ums liebe Geld. Und die lautesten Rufer nach Einheit sind allzu oft Funktionäre, die selbst am stärksten polarisieren.

Die KBV war übrigens beim Ärztetag kaum wahrzunehmen. Sie hatte ein Büro in einem Hotelkomplex unmittelbar neben dem Tagungsgebäude, aber das schien meilenweit entfernt.

Wahrzunehmen war allerdings einmal mehr, dass der alte und neue BÄK-Präsident ein kluger Stratege ist. In der schwierigen Debatte um den assistierten Suizid etwa hatte er sich mit seiner unklugen Bemerkung, Suizidbegleitungen könnten gegebenenfalls von "Klempnern" durchgeführt werden, im Vorfeld angreifbar gemacht.

Eine Gruppe von 180 Ärzten, die Sterbehilfe befürworten, blies zur Attacke und forderte den Ärztetag in einer Anzeige auf, dem Präsidenten kräftig den Marsch zu blasen.

 Montgomery konterte öffentlich, auch im ZDF-Morgenmagazin - und das mit Erfolg . Ein einsamer Aktivist, der einen Tag später vor dem Sitzungssaal für Freitodbegleitungen streiten wollte, wirkte verloren wie ein Erweckungsprediger, der Traktate verteilt, die niemand wirklich lesen will.

Die Debatte um den assistierten Suizid ist nur eine von vielen Baustellen, auf denen das BÄK-Führungstrio in den nächsten Monaten arbeiten wird. Die Herausforderungen sind groß.

Mit der Entscheidung für Montgomery steht auch in Zukunft ein Kommunikationsprofi an der BÄK-Führungsspitze, der Ärzten überzeugend ein Gesicht gibt. Dass nicht wenige vor Ehrgeiz strotzende Ärztefunktionäre diese Einschätzung für völlig falsch halten, wird der Präsident gut aushalten können.

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