Haushaltsdebatte

Zoff um GKV-Finanzierung

Haushaltsdebatten sind Generaldebatten: So auch am Dienstag in der ersten Beratung des Gröhe-Haushalts. Zwischen Union und SPD brachen alte Konflikte über die paritätische GKV-Finanzierung wieder auf.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Der Arbeitgeberanteil soll eingefroren bleiben, findet Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.

Der Arbeitgeberanteil soll eingefroren bleiben, findet Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.

© Wolfgang Kumm / dpa

BERLIN. Die Finanzierung der GKV bleibt auch koalitionsintern umstritten: Der SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach hat am Dienstag in der Haushaltsdebatte des Bundestags dafür geworben, "langfristig" wieder zur paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und -nehmer zurückzukehren.

Dagegen bezeichnete Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) es als richtig, dass der Arbeitgeberanteil auf 7,3 Prozent eingefroren worden ist.

Mehrkosten müssen die Kassen seitdem durch Zusatzbeiträge finanzieren, die allein von den GKV-Mitgliedern bezahlt werden müssen. Es gehe um eine "nachhaltige Leistungsfähigkeit" der GKV, Voraussetzung dafür sei eine starke wirtschaftliche Basis, so Gröhe.

Der Ressortchef nannte die zeitweise Senkung des Steuerzuschusses für die GKV als "richtig". Angesichts der hohen Reserven bei Krankenkassen und Gesundheitsfonds sind die Zuweisungen in den Jahren 2013 und 2015 auf 11,5 Milliarden sowie 10,5 Milliarden Euro (2014) reduziert worden.

Zuschuss von 14 Milliarden Euro vorgesehen

Für 2016 sieht der Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt wieder einen Zuschuss von 14,0 Milliarden Euro vor. Dieser soll ab 2017 dann dauerhaft auf 14,5 Milliarden Euro steigen. "Wir haben Wort gehalten", sagte Gröhe.

Eine erneute Debatte über GKV-Finanzen gilt aber dennoch als wahrscheinlich: Der GKV-Spitzenverband hat kürzlich für 2016 Steigerungen der Zusatzbeiträge um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte als realistisch bezeichnet. Im Jahr 2019 könnten dann Zusatzbeiträge von bis zu 1,9 Prozent im Raum stehen, hieß es.

Georg Nüßlein (CSU) mochte sich dennoch auf eine koalitionsinterne Debatte über die Parität nicht einlassen: Die Kassen hätten den Zusatzbeitrag in diesem Jahr mit durchschnittlich 0,83 Prozent zu niedrig angesetzt.

Die aktuellen Defizite bei mehreren Kassenarten seien daher ein "hausgemachtes kassenindividuelles Problem", glaubte Nüßlein.

Harald Weinberg (Linke) nannte diese Position "schofel": Die Union habe den Wettbewerb im Gesundheitswesen vorangetrieben, nun kritisiere sie die Folgen. Seine Fraktionskollegin Gesine Lötsch warf der Bundesregierung vor, "Hilfe bei der Marktbereinigung" von Krankenhäusern zu leisten.

Sie sieht mit Blick auf die umstrittene Krankenhausreform Schwarz-Rot in einem "Investitionsstreik", der das Ziel habe, "kommerziellen" Krankenhausträgern den Weg zu bereiten.

Gesundheitskarte für Flüchtlinge thematisiert

Rot-grüne Allianzen in der Gesundheitspolitik zeigten sich auch in der Befürwortung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge. Lauterbach sprach sich für diese Option aus, mögliche Mehrkosten sollten aber nicht von den Kassen, sondern vom Steuerzahler getragen werden.

Für die Grünen forderte Kordula Schulz-Asche, Gröhe solle bis zum Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern am 24. September einen Gesetzentwurf über den bundesweiten Einsatz der Gesundheitskarte für Flüchtlinge vorlegen. Dagegen legte der CSU-Abgeordnete Nüßlein in dieser Frage eine "ausgepräte Skepsis" an den Tag.

Schulz-Asche nannte Gröhe einen "schweigsamen Minister, der die großen Konflikte scheut". Das gelte auch für die Pflege, sagte Elisabeth Scharfenberg (Grüne): Milliarden Euro würden für die beiden Pflegegesetze verplant, Ideen für eine nachhaltige Finanzierung der Pflege über das Jahr 2022 hinaus präsentiere die Koalition aber nicht.

Langfristig, so Scharfenberg, führe kein Weg an einer Bürgerversicherung vorbei.

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