Schwenk bei PEPP

Koalition rückt von Tagespauschalen ab

Lange wurde gestritten - nun wagt die Koalition einen Neustart: Die Eckpunkte des neuen Entgeltsystems für die stationäre psychiatrische Versorgung (PEPP) stehen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Eingang zu einer Psychiatriestation: Am Vergütungssystem für die stationäre Versorgung wird weiter gefeilt.

Eingang zu einer Psychiatriestation: Am Vergütungssystem für die stationäre Versorgung wird weiter gefeilt.

© Armin Weigel/ dpa

BERLIN. Die Vergütung stationärer psychiatrischer Leistungen soll sich künftig stärker an den Qualitätsvorgaben des Gemeinsamen Bundesausschuss, an Leitlinien und der Einhaltung von Personalstandards orientieren. Darauf haben sich Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Gesundheitspolitiker der Koalition Donnerstagnachmittag geeinigt.

Dadurch ergeben sich tiefgreifende Änderungen am Konzept eines Pauschalisierten Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP), das bereits in rund 150 der knapp 240 psychiatrischen Fachkliniken eingesetzt wird und das 2017 flächendeckend hätte eingeführt werden sollen. Die Koalition rückt nun von den ursprünglich geplanten landesweit geltenden Tagespauschalen ab.

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Das künftige Vergütungssystem solle stattdessen den tatsächlichen Behandlungsbedarf angemessen abbilden, sagte Gesundheitsminister Gröhe bei der Vorstellung der Eckpunkte. Das solle über krankenhausindividuelle bedarfs- und leistungsgerechte Budgets erfolgen. Die dafür erforderlichen Bewertungsrelationen sollen auf Grundlage der Kosten in Kalkulationskrankenhäusern berechnet werden.

Dafür sollen die Kalkulationskrankenhäuser die Psychiatrie-Personalverordnung zu 100 Prozent einhalten müssen. Die Psych-PV solle weiter gelten, bis der GBA neue Personalmindeststandards festgesetzt habe, sagte Gröhe. Das solle bis Januar 2020 der Fall sein.

Mobile Behandlerteams für daheim

Ebenfalls neu: Die Krankenhäuser sollen die Möglichkeit erhalten, schwerst erkrankte, stationär behandlungsbedürftige Patienten in akuten Krankheitsphasen durch mobile multiprofessionelle Behandlerteams zuhause zu betreuen. So sollen Behandlungsbrüche und Einschnitte in das Alltagsleben der Patienten vermieden werden.

Die "Krankenhausbehandlung ohne Bett" soll aus der Krankenhausvergütung bezahlt werden und nicht zu Lasten der vertragsärztlichen Budgets gehen. Das System der Psychaitrischen Institutsambulanzen soll davon nicht berührt werden.

Der Neustart bei PEPP geht auf eine Klausurtagung der Fraktionsspitzen am 29. April 2014 zurück. Damals einigte man sich auf eine grundsätzliche Prüfung des pauschalierten Entgeltsystems. 19 Fachgesellschaften und Ärzteverbände hatten im vergangenen Herbst gemeinsam einen Vorschlag unterbreitet, dem die Koalition nun zu folgen scheint.

PEPP-Kritiker hatten befürchtet, dass die neue Vergütungssystematik, wie sie bisher geplant war, aufgrund ihrer Wettbewerbs- und Preisorientierung zu Personalabbau in der psychiatrischen Versorgung führen könne.

Positive Resonanz

Diese Sorgen seien vom Tisch, reagierte der designierte Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, Professor Arno Deister, auf die Eckpunkte. "Endlich sind die festen, diagnosebezogenen Tagesentgelte, auf denen das PEPP-System basiert hätte, kein Thema mehr", sagte er.

Zustimmend äußerte sich auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). "Nur im budgetorientierten Ansatz könne gewährleistet werden, dass die Vorhaltungen der Kliniken sachgerecht berücksichtigt werden", sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Er forderte eine deutliche Entbürokratisierung und Vereinfachung des Leistungsverzeichnisses.

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