Saarland macht Druck

Mit Blankoverordnung zum Physiotherapeuten

Das Saarland sieht sich als Modellregion dafür, dass Patienten mit Blankoverordnung zur Physio-, Ergo- oder Logopädie gehen können. Auch die anderen Länder wollen eine Modellklausel im SGB V.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Erster Schritt Blankoverordnung: Auch ohne Konsultation eines Arztes zur Physiotherapie?

Erster Schritt Blankoverordnung: Auch ohne Konsultation eines Arztes zur Physiotherapie?

© Dan Race / fotolia.com

SAARBRÜCKEN. Das Saarland startet eine Initiative, um nicht-ärztliche Gesundheitsberufe aufzuwerten. Das Bundesland will Modellregion für Blankoverordnungen in der Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie werden, hat Gesundheitsstaatssekretär Stephan Kolling (CDU) angekündigt.

Für die Osteopathie hingegen müsse erst eine gesetzliche Grundlage für ein solches Projekt geschaffen werden.

"Wir brauchen eine Aufwertung der Gesundheitsberufe und müssen im Interesse des Patientenschutzes und der künftigen Aufrechterhaltung von medizinischen Leistungen heute schon neue Wege einschlagen", sagte Kolling zur Begründung.

Nach seinen Vorstellungen könnten Ärzte entlastet werden, würden aber in die Diagnostik und Therapie-Empfehlung eingebunden bleiben.

Das Saarland plant gemeinsam mit Rheinland-Pfalz eine Modellregion zu schaffen, in der Patienten nach ärztlicher Untersuchung und Therapieempfehlung eine Blankoverordnung für Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Logopäden erhalten. Diese könnten dann entscheiden, wie viele Behandlungseinheiten nötig sind.

Staatssekretäre fassen Beschluss

Die Staatssekretäre der Ländergesundheitsministerien haben am Dienstag bei einer Konferenz in Güstrow einstimmig einen Antrag des Saarlands unterstützt. Nach dem der "Ärzte Zeitung" vorliegenden Beschluss wird der Bund gebeten, im Sozialgesetzbuch V und in den Berufsgesetzen die Voraussetzungen für Modellvorhaben zu schaffen.

Dabei soll es Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden "im Rahmen eines Direktzugangs" erlaubt werden, "Leistungen zu Lasten der GKV bei bestimmten, vom Gemeinsamen Bundesausschuss festzulegenden Indikationen zu erbringen", heißt es in dem Papier.

Dieser Beschluss wird den Landesgesundheitsministern Ende Juni bei ihrer Konferenz in Rostock zur Abstimmung vorgelegt.

Kein Verzicht auf ärztliche Expertise

In einer Blankoverordnung schreibt der Arzt nicht mehr vor, welche konkrete Anwendung ein Patient erhalten soll. Zwischenergebnisse von Projekten, die von einzelnen Krankenkassen aufgelegt wurden, zeigten, dass Patienten von autonom erbrachten Leistungen beispielsweise von Physiotherapeuten in stärkerem Ausmaß profitieren als von Behandlungen, die Vertragsärzte direkt angeordnet haben.

So könnten Heilmittelerbringer stärker in die Versorgungsverantwortung einbezogen werden, so der Staatssekretär. Allerdings sei "ohne die ärztliche Expertise eine Therapie nicht zielführend", betonte Kolling.

Er verwies darauf, dass in Schweden, Norwegen, den Niederlanden, Großbritannien oder Australien der Direktzugang zu Heilmittelerbringern zur Regelversorgung gehöre.

Nach seiner Ansicht könnte im Falle guter Ergebnisse des Modellprojekts ein Direktzugang etwa zu Physiotherapeuten der "nächste Schritt" sein.

Bereits im März 2015 hat ein Positionspapier der Arbeitsgruppe Gesundheit der Unionsfraktion im Bundestag für Aufsehen gesorgt. Die Überschrift war Programm: "Heilmittelerbringer direkter in die Versorgung einbinden". Dieser Tenor spiegelte sich im vergangenen April auch in den Ergebnissen einer Online-Umfrage der "Ärzte Zeitung", an der sich über 4000 Leser beteiligt haben.

Drei Viertel der Teilnehmer befürworteten einen Direktzugang von GKV-Patienten zur Physiotherapie.

Regelungsbedarf sieht das Saarland bei der Osteopathie. Es müsse klar sein, welche Ausbildung ein Osteopath durchlaufen und welche Qualifikation er nachweise muss. Die Gesundheitsstaatssekretäre stimmten am Mittwoch einem Antrag des Saarlands zu. Darin fordern sie, das Berufsbild des Osteopathen durch ein eigenes Berufsgesetz zu regeln.

Nach der aktuellen Rechtslage dürfe Osteopathie als Heilkunde nur von Heilpraktikern und Ärzte ausgeübt werden. Entsprechend sei auch die Delegierbarkeit von osteopathischen Leistungen umstritten und müsse geklärt werden.

"Wir dürfen die Osteopathen nicht im strafbewährten Raum stehen lassen", forderte Kolling.

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