Vor dem Ärztetag

Hausärzteverband bringt sich berufspolitisch in Stellung

Der Deutsche Hausärzteverband hat seine Frühjahrstagung am Wochenende in Mainz genutzt, um sich im Vorfeld des 120. Deutschen Ärztetags zu positionieren.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Hausärzte als Dreh- und Angelpunkt der Versorgung – diese Rolle will der Verband unbedingt erhalten.

Hausärzte als Dreh- und Angelpunkt der Versorgung – diese Rolle will der Verband unbedingt erhalten.

© WavebreakMediaMicro / Fotolia

MAINZ. Dass es kein einfaches Mittel gegen das Nachwuchsproblem der Allgemeinmedizin gibt, ist klar. Deshalb wurden auf der Frühjahrstagung des Deutschen Hausärzteverbandes, zu der am Freitag und Samstag gut 140 Delegierte und Gäste nach Mainz gekommen waren, verschiedene Hebel diskutiert, um die hausärztliche Versorgung zukunftsfähig aufzustellen. Arbeitsteilung und gegenseitige Entlastung durch das Nutzen von Synergieeffekten ist dabei in den Augen von Verbandschef Ulrich Weigeldt (siehe auch Interview unten) wesentlich, um junge Mediziner von den Vorteilen einer Niederlassung zu überzeugen.

"Ein Landarzt, der, wie das früher teilweise war, 24 Stunden bereitsteht und über 2000 Fälle im Quartal behandelt, möchte keiner mehr sein", sagte er. Deshalb fördere der Hausärzteverband die gemeinschaftliche Praxisausübung, unter anderem durch juristisch begleitete Fortbildungen, in denen anstellende und angestellte Hausärzte sich informieren können.

Um die Arbeitszeit sinnvoll nutzen zu können, brauche der Arzt darüber hinaus Mittel, um die Beschäftigung mit Bürokratie auf ein Minimum zu reduzieren. "Diese elektronischen Werkzeuge stehen ja prinzipiell zur Verfügung", sagte Weigeldt in seinem Bericht zur Lage.

Doch weil die Umsetzung der Digitalisierung – auch sehr zum Leidwesen von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) – nach wie vor hinterher hinkt, setzen die Landesverbände auf eigene telemedizinische Projekte. Zum Beispiel das nach zweijähriger Testphase am 1. Mai angelaufene Projekt "TeleArzt", bei dem unter anderem auch der Landesverband Rheinland-Pfalz, diesjähriger Gastgeber der Frühjahrstagung, mit im Boot sitzt. Im Mittelpunkt stehen VERAH (Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis), die dem Arzt Routine-Hausbesuche abnehmen, bei denen eine ärztliche Konsultation nicht unbedingt nötig ist. Ausgerüstet mit einem Telemedizin-Rucksack, der unter anderem ein 3-Kanal-EKG, ein Pulsoximeter und ein Spirometer beinhaltet, fährt die VERAH zu Patienten, misst Vitaldaten und kann diese direkt in die Praxis zum betreuenden Hausarzt senden, der sich bei Bedarf über Videotelefonie hinzuschaltet.

Erneut wurde die Frühjahrstagung aufgrund des Mitte Mai stattfindenden Ärztetages in Freiburg vorgezogen. Die Delegierten nutzten die Veranstaltung in Mainz, um Positionen zu wesentlichen "Themen aus der Kammerwelt" festzuklopfen, wie Weigeldt formulierte. Eines dieser Themen ist die diskutierte Einführung eines Facharztes für Geriatrie, dem der Verband klar eine Absage erteilt. "Es ist schlichtweg nicht sinnvoll, im Krankenhaus weitergebildete Spezialisten für Geriatrie als nächste Facharztdisziplin in der ohnehin schon fragmentierten ambulanten Versorgungssituation zu etablieren", betonte er. Gerade weil die Geriatrie alle Fächer berühre, müsse sie als typisches Querschnittsgebiet in die Weiterbildung aller Fächer integriert werden.

Einstimmig beschlossen die Delegierten eine Resolution mit dem Titel "Sicherung und Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Stärkung der Allgemeinmedizin und der hausärztlichen Versorgung". Darin spricht der Verband sich dagegen aus, dass sogenannte grundversorgende Gebietsärzte ganz oder teilweise zur hausärztlichen Versorgung zugelassen werden.

"Dies würde eine massive Schwächung der Qualität der hausärztlichen Versorgung bedeuten", hieß es. Andere Berufsgruppen, wie der Physician Assistant (Arztassistent), müssten unter einen klaren Delegationsvorbehalt gestellt werden.

Mit dem Ausgang der zähen Verhandlungen zum Masterplan Medizinstudium 2020 zeigte sich der Hausärzteverband prinzipiell zufrieden – insbesondere mit der Anerkennung der Allgemeinmedizin als verpflichtendes Prüfungsfach und dem ambulanten PJ-Abschnitt. Nun müsse bei der Aufstockung der Studienplätze und der generellen Finanzierung schnell gehandelt werden.

Weigeldt warnte die Berufspolitik davor, der Allgemeinmedizin das Wasser abzugraben: "Wer ständig versucht, den Hausärzten ihre Kompetenzen streitig zu machen, gefährdet nicht nur die Qualität der Versorgung, sondern konterkariert alle Bemühungen um den hausärztlichen Nachwuchs!"

Lesen Sie dazu auch: Hausärzteverbandschef Ulrich Weigeldt: Klare Abkehr von der "organisierten Verantwortungslosigkeit"

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