Saarland

CDU und SPD einig über Rückkehr zur Parität

Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD gesundheitspolitisch einen Kessel Buntes vereinbart: die Stärkung der Allgemeinmedizin, die Förderung der Telemedizin und mehr. Aufhorchen lässt die Vereinbarung zur paritätischen Finanzierung der GKV.

Von Michael Kuderna Veröffentlicht:
Anke Rehlinger (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (re.), CDU, bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags.

Anke Rehlinger (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (re.), CDU, bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags.

© O. Dietze/dpa

SAARBRÜCKEN. Verbesserungen im Bereitschaftsdienst, Stärkung des Einsatzes von Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis (VERAH), Ausbau des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin, Tests von Blankoverordnungen für alle Gesundheitsberufe und Förderung der Telemedizin – im ausgehandelten Koalitionsvertrag haben CDU und SPD im Saarland viele gesundheitspolitische Vorhaben vereinbart.

Heraus sticht zudem die Forderung, die Gesetzliche Krankenversicherung wieder paritätisch zu finanzieren – eine Position, die die CDU auf Bundesebene nicht vertritt.

Die Koalitionspartner waren sich schon am vergangenen Mittwoch über die Fortsetzung ihres Bündnisses einig geworden, es dauerte dann aber doch noch einige Tage, bis der 150-seitige Vertrag auch in den Details abgestimmt war. Mit Parteitagen rund um das kommende Wochenende und der für 17. Mai vorgesehenen Wiederwahl von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer soll die Wiederauflage der großen Koalition endgültig besiegelt werden.

In der Gesundheitspolitik wird sich bei der Zuständigkeit wenig ändern: der bisherige Zuschnitt des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie bleibt erhalten und die CDU kann weiter den Ressortchef stellen. Niemand zweifelt daran, dass die Amtsinhaberin Monika Bachmann erneut berufen wird. Ob die 67-jährige Politikerin die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren an der Spitze bleibt, gilt als offen.

Bei den Vertragsinhalten finden sich Forderungen von beiden großen Parteien wieder. Die Christdemokraten konnten bei der Vorbereitung auch auf ihre jahrelange Ressorterfahrung zurückgreifen, die SPD auf Kompetenz aus ihrer traditionell rührigen Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokraten im Gesundheitswesen. Zudem dürfte SPD-Verhandlungsführerin und Vize-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger auch der sachverständige Rat ihres Ehemanns zur Verfügung gestanden haben, der stellvertretender Vorsitzender des Saarländischen Hausärzteverbands ist.

Wichtig für die Zukunft des ambulanten Bereichs: Der nach jahrzehntelangem Ringen 2014 eingerichtete Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an den Unikliniken in Homburg soll ausgebaut und das Sonderförderprogramm für Niederlassungen im ländlichen Raum fortgeführt werden. Auch die Weiterbildung und Förderung de VERAH will die Koalition gemeinsam mit der KV verstärken.

KV und Kassen werden noch an einer weiteren Stelle ausdrücklich mit ins Boot genommen: Mit ihnen will die Landesregierung beraten, wie die notärztliche Versorgung durch "Bereitschaftsdienstpraxen rund um die Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen" optimiert werden kann, um nicht notwendige Selbsteinweisungen und Klinikaufenthalte zu reduzieren. Ob Zufall oder nicht – jedenfalls erhob die Techniker Krankenkasse am gleichen Tag die Forderung, die KV solle an allen Krankenhäusern "Portalpraxen mit rund-um-die Uhr-Notfallversorgung" errichten.

Nicht locker lassen will die Koalition bei ihrem vor einem Jahr angekündigten Ziel, das Saarland "zur Modellregion zum Test von Blankoverordnungen für alle Gesundheitsberufe" zu machen. Weiter soll die Versorgung mit telemedizinischen Anwendungen vor allem in Altenpflegeheimen und auf dem Land modellhaft erprobt werden.

Im stationären Bereich sind Vorarbeiten für einen neuen Krankenhausplan bereits im Gange. CDU und SPD bekräftigen, dass dabei stationsbezogene Personalmindestzahlen festgelegt, die Investitionsmittel erhöht und die Einzelförderung an qualitative Kriterien gekoppelt werden soll. Auch auf Bundesebene werde sich das Saarland über den Bundesrat weiter für eine Verbesserung der Krankenhauspflege einsetzen.

Einen weiteren Schwerpunkt setzen die Koalitionspartner bei der Ausbildung: Angestrebt werden mehr Durchlässigkeit beim Zugang zum Medizinstudium, die stärkere Akademisierung von Gesundheitsfachberufen, Möglichkeiten zur Nachqualifizierung von erfahrenen Hilfskräften zu Pflegeassistenten, die kostenfreie Ausbildung in allen Therapie- und medizinisch-technischen Berufen und die Umwandlung von Berufsakademien zu einer dualen Hochschule für Gesundheits- und Sozialberufe.

Ein Modellprojekt ist auch in der Drogen- und Suchthilfe geplant: Zur Notfallhilfe soll die Naloxonvergabe ermöglicht und anschließend evaluiert werden. Generell sollen aber Prävention und Beratung im Vordergrund stehen.

In einer bundespolitischen Forderung zeigt sich, wie nahe sich im Saarland an der ein oder anderen Stelle SPD-Forderungen und Positionen der im Vergleich zur Bundespartei sozialpolitisch eher als "links" geltenden Saar-CDU sind. Lapidar heißt es: "Gesundheits- und Pflegekosten sollen paritätisch finanziert und Mehrkosten sowie Kostensteigerungen nicht mehr einseitig von der Arbeitnehmerseite getragen werden." Die Gesundheitspolitik taugt im Saarland – anders als die Felder Bildung und Innere Sicherheit - offenbar nicht zu tiefergreifendem parteipolitischen Streit.

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