Versorgungspuzzle

Noch passt viel zu wenig zusammen

Ob Ärztemangel, Notfallversorgung oder eine bessere Zusammenarbeit zwischen Praxen und Kliniken. In der medizinischen Versorgung hakt es noch an zu vielen Stellen. Das zeigte sich auch auf dem Barmer Länderforum in Wiesbaden.

Marco MrusekVon Marco Mrusek Veröffentlicht:
Es muss passen: Patienten hoffen darauf, dass sie immer an der richtigen Stelle gut aufgehoben sind.

Es muss passen: Patienten hoffen darauf, dass sie immer an der richtigen Stelle gut aufgehoben sind.

© vege / stock.adobe.com

WIESBADEN. Drei ambulante Versorgungsebenen – dafür hat Professor Christoph Straub beim Wiesbadener Länderforum der Barmer Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland geworben. Damit ließe sich die sektorübergreifende Versorgung voranbringen, sagte der Vorstandschef der Barmer.

Sein Konzept für die ambulante Versorgung: eine primär hausärztliche Versorgung sowie eine allgemeine fachärztliche Versorgung, die eine gemeinsame Schnittmenge mit Teilen der stationären Versorgung bildet. "Denn hier werden Leistungen erbracht, wie sie vielfach auch in der stationären Grund- und Regelversorgung erbracht werden".

An der Spitze der ambulanten Versorgung sieht er die spezialisierte und gesonderte fachärztliche Versorgung. Straub: "Medizinische Innovationen finden in manchen Disziplinen mittlerweile nicht mehr im stationären, sondern im ambulanten Bereich statt– etwa in der Augenheilkunde oder der Gynäkologie."

Darüber hinaus favorisiert Straub eine kleinteilige Bedarfsplanung mit bundesweiten, wenngleich unterschiedlich großen Regionen. In diesen werde der Bedarf nach Alter und Morbidität grob definiert.

Gute Ansätze vor Ort

Die sektorübergreifende Versorgung ist ein Dauerthema, mit dem sich in diesem Jahr bereits zwei Barmer-Foren in Günzburg und Deggendorf beschäftigt haben. Es gibt schon Ansätze und Initiativen für sektorübergreifende Kommunikation und Versorgung auf verschiedenen Ebenen, berichtete Martin Till, Leiter Verträge bei der Barmer Hessen, in seinem Statement. Beispiele dafür seien der Hessische Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung und die im August verabschiedete E-Health-Initiative des Landes Hessen. Diese hat auch zum Ziel, sektorübergreifende Versorgung mit digitalen Möglichkeiten auszubauen und Versorgungsketten zu gestalten. Wichtig bei diesen "zentral entworfenen Konzepten" sei die Einbindung der Akteure vor Ort, sagte Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer Rheinland-Pfalz. Für "einen beherzten Schritt" nach vorne plädierte sie bei der Novellierung des Landeskrankenhausgesetzes. Sie wünsche sich eine sektorübergreifende Perspektive bei der Krankenhausplanung und eine Einbeziehung der ambulanten Versorgungsstrukturen bei der Bemessung des Versorgungsbedarfes.

Sorge wegen Klinikschließungen

In der Podiumsdiskussion sprach sich die SPD-Gesundheitspolitikerin Bettina Müller für eine stationäre Grund- und Regelversorgung aus: "Gerade auf dem Land können wir nicht riskieren, dass wir auch noch die Krankenhäuser dicht machen, wenn uns schon die Hausärzte wegbrechen."

Stichwort Notfallversorgung: Dr. Eckhard Starke, Vize-Chef der KV Hessen, warnte vor einer eingeschränkten Betrachtung. In der öffentlichen Diskussion gehe es primär um die Notfallversorgung. Nicht Versorgung sei aber das Problem, sondern Steuerung der Patientenströme. Dem wollen die KBV und der Marburger Bund mit ihrer Initiative für eine integrative Notfallversorgung und einer besseren Patientensteuerung entgegenwirken.

Konkrete Maßnahmen für die sektorübergreifende Versorgung nannte Professor Ferdinand Gerlach, Vorsitzender des Sachverständigenrats für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen: "Wir wissen, wo wir ansetzen müssen – bei der Planung, bei der Finanzierung, bei der Regulierung und bei der Ermöglichung von Koordination." Details dazu hat der Rat in einem Programmentwurf vorgelegt. Zur Integration von ambulantem und stationärem Sektor auf dem Gebiet der Notfallversorgung sind die wichtigsten Punkte: Integrierte Leitstellen von Bereitschaftdienst und Rettungswesen und Integrierte Notfallzentren. Beide sollen Patientenströme in der Notfallversorgung besser steuern.

Dr. Gerald Gaß, Chef der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz, sprach sich dafür aus, bei der sektorübergreifenden Versorgung die regionalen Partner an einen Tisch zu holen. "Mein Eindruck ist, dass man mit der KV in Rheinland-Pfalz reden kann und dass wir eine Verständnisebene haben." Gaß nannte in diesem Zusammenhang das Thema ärztliche Bereitschaftsdienstzentralen in der Kombination mit der ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus.

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