Sachsen

Völlig neue Strukturen für Bereitschaftsdienst

Die KV Sachsen etabliert einen Fahrdienst für Ärzte im Bereitschaftsdienst. Auch die regionalen Zuständigkeiten für Hausbesuche werden verändert. Kostenneutral für KV-Mitglieder wird das nicht sein.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:
Die neuen Autos des Bereitschaftsdienstes in Sachsen sollen Werbung für die 116117 machen.

Die neuen Autos des Bereitschaftsdienstes in Sachsen sollen Werbung für die 116117 machen.

© Michael Reichel / ZB / dpa

DRESDEN. Die KV Sachsen hat eine Reform ihres Bereitschaftsdienstes beschlossen. Die Zustimmung dazu sei auf der Vertreterversammlung am Mittwoch einstimmig erfolgt, sagte KV-Vorstandschef Dr. Klaus Heckemann der "Ärzte Zeitung". Die Reform soll Mitte 2018 mit drei Pilotprojekten in den Regionen Chemnitz, Dresden und Leipzig beginnen und bis Ende 2020 abgeschlossen sein.

Sie sieht vor, dass für den Bereitschaftsdienst flächendeckend ein Fahrdienst organisiert wird, für den Autos geleast sowie Fahrer angestellt werden sollen. "Das ist aus logistischen Gründen notwendig, soll aber auch zur Sicherheit unserer Ärztinnen und Ärzte beitragen, wenn sie nicht allein zu den Patienten in die Wohnung gehen", ergänzte Heckemann.

Die Autos sollen mit dem Logo der KV versehen werden sowie mit der Telefonnummer 116.117 und "diese Nummer besser bekannt machen", wie Heckemann sagte.

Außerdem wird die Zahl der Bereiche für die Hausbesuchsdienste stark verringert – von 95 auf dann 23. "Es werden also immer mindestens 23 Ärzte gleichzeitig Dienst haben", fügte der KV-Chef an. "Zu Zeiten, in denen viele Bereitschaftsfälle zu erwarten sind, werden es dann mehr als 23 Ärzte zugleich sein."

Der kürzeste Weg entscheidet

Das heißt, dass dann in einem Bereitschaftsbereich zum Beispiel drei Ärzte gleichzeitig arbeiten und in anderem Bereich zur selben Zeit zwei Ärzte. "Wir werden es immer entsprechend dem Bedarf planen", sagte Heckemann. Wenn mehrere Ärzte in einem Bereich Dienst haben, sollen sie dann so aufgeteilt werden, dass die Fahrtwege zu den Patienten nicht zu lang sind – also zum Beispiel ein Mediziner für den westlichen Teil und einer für den östlichen Abschnitt.

"Allerdings werden wir bei den Einsätzen nicht an den Grenzen unserer Bereiche Halt machen", erläuterte Heckemann, "derjenige Arzt, der gerade den kürzesten Weg zu einem Patienten hat, fährt zu ihm." Es kann also der Fall sein, dass ein Bereitschaftsarzt, der für das Gebiet einer Großstadt eingeteilt ist, zu einem Patienten in die Kleinstadt fährt – und umgekehrt.

Portalpraxen an 26 Standorten

Außerdem sieht die Reform vor, dass an 26 Standorten von Krankenhäusern in Sachsen Portalpraxen eingerichtet werden. "Diese Praxen sollen Öffnungszeiten an Abenden sowie an Wochenenden und Feiertagen haben", kündigte Heckemann an. An elf weiteren Standorten von Krankenhäusern sollen Bereitschaftspraxen eröffnet werden, die nicht ganz so lange wie die anderen Portalpraxen geöffnet sein sollen.

"Hinzukommen an ausgewählten Krankenhausstandorten weitere Bereitschaftspraxen zur augenärztlichen, chirurgischen, kinderärztlichen und HNO-ärztlichen Versorgung in den Zeiten des Bereitschaftsdienstes", sagte Heckemann.

Nach der Reform solle die Dienstbelastung der Ärzte idealerweise nicht steigen, wie Heckemann sagte. "Die Ärzte werden wahrscheinlich nicht seltener als bisher Dienst haben, aber es werden zum Teil kürzere Dienste als bisher sein." Während bislang Zwölf-Stunden-Bereitschaften die Regel seien, könnten künftig auch Dienste von nur drei bis fünf Stunden möglich sein.

Gebühr für Notaufnahmebesuch?

Jedoch wird die Reform die sächsischen Ärzte etwas kosten: 100 Euro pro Monat und 0,3 Prozent des Honorars als zusätzliche Umlage. Dies wurde ebenfalls einstimmig auf der Vertreterversammlung beschlossen, wie Heckemann berichtete.

Hintergrund der Reform ist die Sorge der KV, dass die Notaufnahmen in den Krankenhäusern künftig für die komplette ambulante Notfallbehandlung zuständig sein könnten und die niedergelassenen Ärzte dann außen vor wären.

Damit nicht wie bisher Patienten in die Notaufnahmen strömen, schlägt Heckemann aus "Steuerungsgründen" eine Gebühr für den Besuch von Notaufnahmen vor. "Wenn jemand eine Notaufnahme aufsucht, sollte er eine Eigenbeteiligung von 20 Euro zahlen", sagte Heckemann. "Die Gebühr sollte nicht bar im Krankenhaus bezahlt werden müssen, sondern von den Krankenkassen eingezogen werden, wenn sie die Versicherungsbeiträge bei den Patienten erheben."

Das sei heutzutage "problemlos möglich", glaubt Heckemann. Den "Gegenwert von drei Schachteln Zigaretten sollte eine Notfallbehandlung jedem Patienten wert sein."

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