Apotheker kritisieren

Medikationsplan-Projekt funktioniert nicht

Der vor einem Jahr eingeführte bundeseinheitliche Medikationsplan für Versicherte verfehlt aus Sicht der Apotheker sein Ziel, die Sicherheit der Medikation zu erhöhen. Sie fordern nun Konsequenzen.

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Eigentlich müsste jeder dritte Patient einen Medikationsplan besitzen. In der Praxis sind es bislang offenbar viel weniger.

Eigentlich müsste jeder dritte Patient einen Medikationsplan besitzen. In der Praxis sind es bislang offenbar viel weniger.

© Henrik Dolle / stock.adobe.com

BERLIN. Seit Oktober 2016 hat jeder Versicherte, der drei oder mehr Arzneimittel nehmen muss, Anspruch auf einen Medikationsplan durch einen Arzt. In der ersten Umsetzungsstufe wird dieser auf Papier erstellt. Von 2018 an soll er elektronisch von der Gesundheitskarte abrufbar sein.

Eigentlich müsste jeder dritte Patient einen solchen Plan besitzen. Die Auflistung der verordneten Präparate werde nach eigenen Erfahrungen bisher aber nur selten von Haus- und Fachärzten herausgegeben, sagte nun Friedemann Schmidt, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA) der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. Dabei sei die Unterlage für die Patienten ein essenzielles Instrument, um die Therapiesicherheit zu erhöhen.

Mit Blick auf Todesfälle und Krankenhauseinweisungen aufgrund falsch oder nicht eingenommener Medikamente forderte der ABDA-Präsident rasches Handeln. Der künftige Bundesgesundheitsminister müsse das Problem schnell angehen – und bringt dabei auch die Apotheker gleich mit ins Spiel. Den für die Hausärzte sei das allein kaum zu leisten, alle Informationen zu eingenommenen Medikamenten zu überblicken. Schmidt: "Und da gibt es Zettel vom Facharzt, den Entlassbrief vom Krankenhaus. Niemand führt das zusammen."

Schmidt knüpft damit an die bereits häufig geäußerte Kritik der ABDA an, dass die Apotheker bei dem Projekt nicht ausreichend eingebunden sind. So ist beim schriftlichen Medikationsplan lediglich vorgesehen, dass in der Apotheke zusätzlich gekaufte Arzneimittel – und nur auf expliziten Wunsch des Patienten – mit erfasst werden.

Spätestens mit Einführung des elektronischen Plans müssen die Apotheker Schmidt zufolge mehr Verantwortung erhalten. Die Apotheken-Software könne die elektronisch aufgelisteten Medikamente auf unerwünschte Wechselwirkungen prüfen. "Notfalls müssen wir da eingreifen", wie Schmidt auf "apotheke adhoc" zitiert.

KBV sieht die Lage entspannter

Seitens der KBV sieht man die Dinge entspannter. „Aus unserer Sicht funktioniert die Ausstellung des Medikationsplans gut“, kommentierte KBV-Sprecher Dr. Roland Stahl die jüngste Wasserstandsmeldung aus dem Apothekerlager. Eine weitergehende Einbindung der Pharmazeuten wird abgelehnt. Stahl: „Der Arzt kennt seinen Patienten am besten. Deshalb ist es auch richtig, dass er den Medikationsplan ausstellt. Der Apotheker kann und soll diesen Plan ergänzen um frei verkäufliche Arzneimittel“. Die Arbeiten zur E-Variante des Medikationsplans würden planmäßig verlaufen. (run/cw)

Der bundeseinheitliche Medikationsplan ist als Teil des E-Health-Gesetzes zum 1. Oktober 2016 in Kraft getreten. Zunächst gibt es ihn in Papierform, mit der Einführung neuer Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte 2018/19 soll er dort gespeichert werden.

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