Schleswig-Holstein

Gassen: Alternativen zur Kliniköffnung forcieren!

Angesichts der Ambulantisierung des Gesundheitswesens darf es keine Denkverbote geben, fordert der KBV-Chef. Es gebe intelligente Alternativen zur Kliniköffnung wie Praxiskliniken oder Beleg-Einrichtungen.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Wirbt, bei der Gestaltung künftiger Versorgungsstrukturen dürfe es keine „Denkverbote“ geben: KBV-Chef Dr. Andreas Gassen bei der Diskussion in Kiel.

Wirbt, bei der Gestaltung künftiger Versorgungsstrukturen dürfe es keine „Denkverbote“ geben: KBV-Chef Dr. Andreas Gassen bei der Diskussion in Kiel.

© Dirk Schnack

KIEL. Neu-Organisation des Notdienstes, Digitalisierung und Delegation: Mit diesen Mitteln werden niedergelassene Ärzte aus Sicht von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen die steigenden Anforderungen bei der Ambulantisierung des Gesundheitswesens bewältigen können. Allerdings sind dafür zwei Bedingungen zu erfüllen: Die Körperschaften und Verbände der Vertragsärzte müssen mitgestalten dürfen und zusätzliche Aufgaben müssen auch bezahlt werden.

Beim Parlamentarischen Abend der KV Schleswig-Holstein (KVSH) forderte Gassen, dass bei der Gestaltung des künftigen Gesundheitswesens "keine Denkverbote" auferlegt werden sollten. Damit will er erreichen, dass starre Strukturen aufgebrochen und die Hürden zwischen den Sektoren leichter überwunden werden können.

In Bezug auf den stationären Sektor heißt das für ihn: "Kein Bett darf sakrosankt sein." Gassen spielte damit auch auf die große Auswahl von Krankenhäusern in manchen Regionen an – als Beispiel nannte er seine Heimat Düsseldorf. Gassen plädierte dafür, bei der Ambulantisierung häufiger über alternative Modelle wie Praxiskliniken, MVZ und Beleg-Einrichtungen statt über eine reine Öffnung von Krankenhäusern für ambulante Leistungen nachzudenken.

Umerziehung der Patienten?

Zum Thema Notfallambulanzen und Bereitschaftsdienst stellte Gassen klar: "Wir müssen uns dem geänderten Anspruchsdenken stellen." Eine Umerziehung der Patienten hält er für kaum möglich – deshalb ist aus seiner Sicht ein Ausbau des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes sinnvoll. Dazu gehört, dass Anrufern der bundeseinheitlichen 116.117 künftig schon am Telefon Lösungen angeboten werden, die den Weg in die Notfallambulanz oder den Arztbesuch nicht mehr erforderlich machen. "Ein Drittel der Patienten werden wir am Telefon abarbeiten können", sagte Gassen mit Blick auf die vielen Patienten, die derzeit ohne akuten Notfall in den Ambulanzen erscheinen. Das von Schleswig-Holstein verfolgte Ziel einer Öffnung der Anlaufpraxen auch zu Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte begrüßte Gassen.

Zum Thema Delegation stellte der KBV-Chef klar: "Delegation muss Delegation bleiben." Der Arzt müsse als Teamleiter Verantwortung tragen, steuern und die Fäden in der Hand behalten. Einer Substitution erteilte er eine deutliche Absage: "Das kann keine Probleme lösen."

Die von vielen geschürten großen Hoffnungen in Zusammenhang mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens relativierte Gassen. In der Versorgung könne die Digitalisierung zwar helfen – mehr aber nicht: "Die Digitalisierung ist nicht die Lösung all unserer Probleme", sagte Gassen. Er verwahrte sich zugleich dagegen, Ärzte pauschal als Feinde des digitalen Fortschritts anzuprangern. "Ärzte sind nicht digitalisierungsfeindlich, sie sind kritisch." Und das aus seiner Sicht zu recht, wie die schleppende Umsetzung bei der Telematikinfrastruktur zeige, deren Fortschritte Gassen in Kiel mit dem Tempo eines Gletschers verglich.

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