Umfrage des Marburger Bundes

Digitalisierung – Ärzte zwischen Hoffnung und Ernüchterung

Die Hoffnungen der Ärzte fliegen hoch, beim tatsächlichen Stand der Digitalisierung in den Krankenhäusern ist aber noch Luft nach oben. Der Marburger Bund fordert zehn Milliarden Euro für Informationstechnologie im Krankenhaus.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Digitalisierung im Krankenhaus: An vielen Stellen gibt es einer neuen Umfrage des Marburger Bunds zufolge noch deutlich Nachholbedarf.

Digitalisierung im Krankenhaus: An vielen Stellen gibt es einer neuen Umfrage des Marburger Bunds zufolge noch deutlich Nachholbedarf.

© dolgachov / Getty Images / iStock

BERLIN. Mehr Digitalisierung kann zumindest teilweise einen Zuwachs an medizinischer Qualität der ärztlichen Arbeit bedeuten. Davon zeigt sich eine Mehrheit der Krankenhausärzte überzeugt. Das geht aus den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage unter 1800 angestellten Ärzten hervor, die der Marburger Bund am Donnerstag vorgestellt hat. Demnach zeigen sich 80 Prozent von einer durch die Digitalisierung ausgelösten Verbesserung der ärztlichen Arbeit im Krankenhaus überzeugt. Ebenfalls vier Fünftel der Befragten sieht zumindest teilweise eine Verbesserung der medizinischen Qualität heraufziehen.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Die Erwartungshaltung kontrastiert heftig mit der digitalen Wirklichkeit in den Krankenhäusern. So waren nur 19 Prozent der Ärzte mit der IT-Ausstattung an ihrem Arbeitsplatz zufrieden, 47 Prozent hingegen nicht. 92 Prozent der Befragten haben die Frage, ob ärztliche Anforderungen an Hard- und Software umfassend berücksichtigt werden, zumindest teilweise verneint. Auch benutzerfreundlich scheint die Klinik-IT nicht zu sein. Gerade elf Prozent kamen zu diesem Urteil.

Bei der technischen Unterstützung scheint ebenfalls etwas im Argen zu liegen. Drei Viertel (74 Prozent) fühlen sich zumindest teilweise von ihrer Klinik alleine gelassen, wenn sie IT-Probleme an ihrem Arbeitsplatz haben. Schulungen sind wohl ebenfalls ein Manko. 62 Prozent der Befragten kennen keine regelmäßigen Schulungen für IT-gestützte Arbeitsabläufe, weitere 27 Prozent nur teilweise. "Was nutzen den Ärzten die besten Programme, wenn sie sie nicht anwenden können?", fragte Dr. Peter Bobbert, Vorstandsmitglied des MB.

So waren nur 19 Prozent der Ärzte mit der IT-Ausstattung an ihrem Arbeitsplatz zufrieden, 47 Prozent hingegen nicht, heißt es in einer Pressemitteilung des MB. Knapp 90 Prozent der Befragten bemängelten zumindest teilweise fehlende Schulungen zur Bedienung von neuer Hard- und Software.

Auch digital unterstützte Visiten sind – anders als etwa Konsile – offenbar bislang eher die Ausnahme: 69 Prozent der befragten Ärzte verneinten die Frage, ob bei der Visite sämtliche benötigen Daten digital vorlägen. 11 Prozent antworteten darauf mit "ja" und 19 Prozent mit "teils/teils".

Viele befragte Ärzte machten ihrem Ärger Luft, dass Digitalisierung in den Klinikleitungen häufig nur zur Befriedigung von Kontrollzwängen eingesetzt werde. Ärzte müssen oft Daten sowohl digital als auch auf Papier vorhalten – aus Sicherheitsgründen.

"Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Digitalisierung im Krankenhaus vielfach noch in den Kinderschuhen steckt", sagte Bobbert. Um die IT-Strukturen der Krankenhäuser zukunftsfest zu machen, fordert der MB nun ein staatliches Sonderprogramm von zehn Milliarden Euro. "Wir wollen eine sinnvolle Digitalisierung", sagte Bobbert.

Im kommenden Jahr will der Marburger Bund eine Digitalisierungs-Checkliste aufsetzen. So solle sichergestellt werden, dass der Auf- und Ausbau digitaler Strukturen nach den Bedürfnissen von Ärzten, Pflegepersonal und Patienten ausgerichtet werde. Die digitale Revolution im Gesundheitswesen werde auch die Medizinerausbildung umwälzen, sagte Bobbert.

Dass im Gesundheitswesen nach wie vor Insellösungen vorherrschen, sehen die Verantwortlichen des Marburger Bundes mit Sorge. Schnittstellen auch zu den Praxissystemen der niedergelassenen Ärzten seien daher unabdingbar, erklärte Bobbert.

Der Ort, über gemeinsame Lösungen zu verhandeln, sei zunächst der Deutsche Ärztetag bekräftigte der Hauptgeschäftsführer des Marburger Bundes Armin Ehl. Das sei aber nicht genug. Die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten in dieser Frage müsse auch auf anderer Ebene institutionalisiert werden. Blaupause könne die Zusammenarbeit bei der Integration von ambulanter und stationärer Notfallversorgung sein, sagte Ehl.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Dilemma der Digitalisierung

Lesen Sie dazu auch: Versorgungswandel: Digital Health für Ärzte alternativlos

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Hämatologe gibt Tipps

Krebspatienten impfen: Das gilt es zu beachten

Lesetipps
Eine pulmonale Beteiligung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) kann sich mit Stridor, Husten, Dyspnoe und Auswurf manifestieren. Sie zeigt in der Lungenfunktionsprüfung meist ein obstruktives Muster.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wenn der entzündete Darm auf die Lunge geht

Klinisch ist die Herausforderung bei der IgA-Nephropathie ihr variabler Verlauf. In den meisten Fällen macht sie keine großen Probleme. Bei einem Teil der Patienten verläuft sie chronisch aktiv, und einige wenige erleiden katastrophale Verläufe, die anderen, schweren Glomerulonephritiden nicht nachstehen.

© reineg / stock.adobe.com

Glomerulonephitiden

IgA-Nephropathie: Das Ziel ist die Null