Zukunft der Kliniken

Nichts geht ohne Kultur des Vertrauens

Der Chef der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft sorgt sich um die Zukunft der Kliniken und mahnt eine bessere Zusammenarbeit zwischen Politikern, Kostenträgern und Leistungserbringern an.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Einsatz eines Beatmungsgeräts: Klinikträger suchen nach Perspektiven für die Zukunft .

Einsatz eines Beatmungsgeräts: Klinikträger suchen nach Perspektiven für die Zukunft .

© Fuse /Getty Images /Thinkstock

HAMBURG. Neujahrsempfänge nutzen Organisationen und Verbände im Gesundheitswesen in aller Regel, um das Verhältnis zu den Partnern im Gesundheitswesen zu pflegen. Dabei werden Probleme nicht selten gerne in diplomatisch gewählten Worten verschleiert. Joachim Gemmel, amtierender Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG), sprach beim Neujahrsempfang seines Verbands dagegen Klartext – zu viele Lasten sind den Krankenhäusern seiner Ansicht nach in den vergangenen Jahren aufgebürdet worden.

Gemmel sorgt sich um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Kliniken insbesondere, weil er das Verhältnis zu Politik und Krankenkassen insgesamt als belastet wahrnimmt. "Die Kultur der Zusammenarbeit zwischen Politik, Kostenträgern und Leistungserbringern, die Jahrzehnte aus Vertrauen, Gestaltungsfreiheit und Flexibilität bestand, geht immer mehr verloren. An ihre Stelle tritt eine Misstrauenskultur, die eine schiere Regulierungswut heraufbeschwört, mit der Krankenhäuser kaum noch Schritt halten können", sagte der HKG-Vorsitzende. Die "Regulierungswut" erzeuge einen "irrsinnigen – und kostspieligen – bürokratischen Aufwand", der das Klinikpersonal an die Grenze seiner Belastbarkeit führe, so Gemmel.

Konkret nannte der Asklepios-Manager unterem anderem folgende Punkte:

  1. Investitionskosten: Für Hamburg bezifferte er den aktuellen Bedarf auf 175 Millionen Euro, von denen 94 Millionen Euro durch die Hansestadt finanziert werden. Die restlichen 81 Millionen Euro finanzieren die Häuser aus dem laufenden Klinikbetrieb. "Wenn es nicht anders geht, auch zu Lasten anderer Posten wie zum Beispiel der Personalausstattung". Ohne diese Bürde könnten die Kliniken nach Rechnung Gemmels 1500 zusätzliche Pflegekräfte finanzieren.
  2. Personaluntergrenzen: Die Pflegepersonalausstattung pro Patient ist für Gemmel "Gleichmacherei" mit der Folge, dass "Personal nicht dort eingesetzt ist, wo es gebraucht wird." Für Personaluntergrenzen fehlt es in Deutschland nach seinen Angaben an einer validen einheitlichen Datenbasis. Auch sei nicht klar, wie zusätzliches Personal denn die Pflegequalität in welchem Ausmaß verbessert.
  3. MDK-Prüfungen: Gemmel sprach von zum Teil "haarsträubenden Strukturprüfungen", bei denen nicht das Patientenwohl Triebfeder sei. "Einziges Ziel ist es, von den Krankenhäusern erbrachte Leistungen nicht bezahlen zu müssen", so Gemmel. Selbst geringfügigste Dokumentationsprüfungen führten dazu, dass Leistungen gekürzt oder gar gestrichen werden. In der Summe führe dies für Hamburgs Kliniken zu einem Honorarentzug in zweistelliger Millionenhöhe.

Folge dieser Probleme ist nach Wahrnehmung des HKG-Chefs, dass den Kliniken kaum noch Raum für Verbesserungen bleibt und diese "immer mehr zu Getriebenen" werden, die externe Vorgaben zu erfüllen versuchen.

Angemessene Kontrollen, so Gemmel, seien in Ordnung. Aber: "Wogegen wir uns wehren, ist die oft an Willkür grenzende, allein auf Einsparungen zielende Praxis." Notwendig sei deshalb ein grundsätzliches Umdenken in der Zusammenarbeit zwischen Politik, Krankenkassen und Krankenhäusern.

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