Fernbehandlungsverbot

Hausärzte setzen auf Tele-Verahs

Im Vorfeld des Deutschen Ärztetags haben sich die Hausärzte zum Thema Fernbehandlung positioniert: Einer Kommerzialisierung müsse vorgebeugt werden.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Lieber vor Ort als am Bildschirm: Durch die Delegation von Hausbesuchen zur Schulung etwa von Diabetespatienten und der anschließenden Übertragung der Werte an den Arzt, könne die hausärztliche Versorgung optimiert werden, so der Hausärzteverband.

Lieber vor Ort als am Bildschirm: Durch die Delegation von Hausbesuchen zur Schulung etwa von Diabetespatienten und der anschließenden Übertragung der Werte an den Arzt, könne die hausärztliche Versorgung optimiert werden, so der Hausärzteverband.

© agenturfotografin / stock.adobe.com

BERLIN. Die elektronischen Medien erweitern die Möglichkeiten von Ärzten und Patienten, miteinander in Kontakt zu treten.

Für die Bundesärztekammer (BÄK) ist daher klar, dass das Fernbehandlungsverbot in der Berufsordnung neu definiert werden sollte: Ein heißes Eisen kommende Woche auf dem Deutschen Ärztetag in Erfurt.

Für die hausärztliche Fraktion ist klar, dass der persönliche Arzt-Patientenkontakt auch weiterhin an erster Stelle stehen sollte.

"An dieser Stelle werden die neuen Technologien das deutsche Gesundheitswesen nicht revolutionieren", sagte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands Ulrich Weigeldt am Donnerstag in Berlin.

Weigeldt setzt für die hausärztliche Fern-Versorgung auf die 11.000 bereits aktiven VERAHs.

Die Delegation von Hausbesuchen zur Schulung von Diabetespatienten oder für den Verbandswechsel sei für den Patienten angenehm und schaffe spürbare Entlastung für den Arzt. Die Medizinischen Fachangestellten könnten vor Ort auch für die Diagnostik wichtige Werte abfragen und messen und dem Arzt sofort übermitteln, sagte Weigeldt.

Kommerzialisierung der Fernbehandlung unerwünscht

Nichtärztliche Mitspieler sollten von einer Lockerung des Fernbehandlungsverbots nicht profitieren. "Was wir nicht wollen, ist eine Kommerzialisierung der Fernbehandlung durch private Konzerne", sagte Weigeldt.

Der Ärztetag werde deutlich machen, dass die Ärzte bei der Fernbehandlung den Hut aufbehalten würden. Geklärt werden müssten zudem noch Haftungsfragen. Die Versicherer müssten die Risiken abdecken, die sich zum Beispiel durch eine Videosprechstunde ergeben könnten.

"Soll ich dann jedem Patienten vorher einen Disclaimer vorlesen?", fragte Weigeldt. Er rechne im Falle der Lockerung des Fernbehandlungsverbots in Deutschland mit einem komplizierten Regelwerk.

Überzeugt zeigte sich Weigeldt von positiven Effekten der Weiterbildung in Hausarztpraxen im Praktischen Jahr. "Ich bin sicher, dass das etwas bringt", sagte der Verbandsvorsitzende. Wenn die angehenden Ärzte die Arbeit vor Ort kennenlernten, dürfte es zu einem "Klebeeffekt" kommen. Voraussetzung seien allerdings zusätzliche Erleichterungen wie zum Beispiel eine Erstattung der Fahrtkosten zum Einsatzort.

Über den Stand der Reform der Weiterbildungsordnung (WBO) zeigte sich Weigeldt nicht unglücklich. Erstmals würden nicht einfach absolvierte Zeiteinheiten gezählt.

Vielmehr erhielten nun tatsächlich erworbene Kompetenzen mehr Gewicht, die zudem in einem Logbuch festgehalten würden.

Mehr Weiterbildungsangebote in den Praxen

Den Hausärzten sei wichtig, auch die Familienplanung angehender Medizinerinnen mit der Weiterbildung unter einen Hut zu bringen und sie unter Umständen von Aufgaben wie Notdiensten zu entlasten. "Diese Diskussion muss auf dem Ärztetag geführt werden", sagte Weigeldt.

Die Hausärzte würden sich daher verstärkt für mehr Weiterbildungsangebote in den Praxen starkmachen. Dort könne leichter mit flexiblen Arbeitszeitmodellen gearbeitet werden als im Klinikbetrieb.

Eine neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sieht Weigeldt derzeit nicht in Sicht. Union und SPD wollen laut Koalitionsvertrag eine Kommission einsetzen, die bis Ende 2019 Vorschläge für ein "modernes Vergütungssystem" mit einer Angleichung der Honorare für die Behandlung von gesetzlich und privat versicherten Patienten vorlegen soll.

Solange diese Kommission tage, werde kein Gesundheitsminister eine neue Gebührenordnung auf den Weg bringen, sagte Weigeldt.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Diffizile Behandlungsoption

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