Gutachten

Bedarfsplanung: Gutachter denken radikal

Mehr Steuerung, die Förderung von Arztnetzen, sektorenübergreifende Planung. Ein Konsortium von Gutachtern schlägt eine radikale Neuausrichtung der ambulanten Bedarfsplanung vor.

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BERLIN. Von den rund 45.000 Hausärzten in Deutschland sind etwa ein Drittel älter als 60 Jahre und stehen kurz vor dem Ruhestand. Scheidet ein Hausarzt aus, sollen künftig die in der Region verbleibenden Ärzten seinen Sitz ganz oder in Teilen übernehmen können. Das schlagen Gutachter mehrerer Universitäten in einem vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Auftrag gegebenen noch unveröffentlichten Gutachten vor, das der "Ärzte Zeitung" in Auszügen vorliegt. Idealerweise sollten sich vier Ärzte aus der Umgebung dann den aufgegebenen Sitz und die Versorgung der Patienten teilen. Dabei helfen sollen ihre Medizinischen Fachangestellen, die dafür am besten für mehrere Praxen gleichzeitig tätig sein sollen.

Zusammenschlüsse von Vertragsärzten in Netzen sollen generell stärker gefördert werden, finden die Gutachter. Pflege- und Rehaeinrichtungen sollen ebenfalls mit ins Boot.

Insgesamt soll die Planung kleinräumiger ausfallen. Binnen 15 Minuten sollen 99 Prozent der Bevölkerung einen Hausarzt erreichen können. Bislang gibt es innerhalb der Planungsräume keine steuernden Eingriffe bei der Wahl eines Praxisstandorts. Nach den Vorstellungen der Gutachter sollen bei Nachbesetzungen Praxen auch verlegt werden können, um die Vorgaben für die Ereichbarkeit umsetzen zu können.

Die Gutachter trennen zwischen hausärzlicher Versorgung, zu der auch die Pädiater gezählt werden, und zwei Ebenen fachärztlicher Versorgung, von denen eine sektorenübergreifend beplant werden soll. So sollen sich auf die Sitze von Rheumatologen, Angiologen sowie Endokrinologen/Diabetologen künftig sowohl niedergelassene Ärzte als auch Krankenhäuser bewerben können. Das sind Fachgruppen mit weniger als 1000 Mitgliedern.

Dieses Verfahren soll ausweislich der Zusammenfassung des Gutachtens auch für operierende Augenärzte, nicht schmerztherapeutisch tätige Anästhesisten sowie fachärztlich tätige Kinder- und Jugendmediziner gelten sowie für Chirurgen und Orthopäden, die zu einer Arztgruppe zusammengefasst werden sollen.

Bereits 2015 hatte der Gesetzgeber dem GBA aufgegeben, die Bedarfsplanung neu auszurichten und das tatsächliche Krankheitsgeschehen sowie sozioökonomisch bedingten Versorgungsaufwand zu berücksichtigen. Auf der Basis des Gutachtens plant der GBA, bis 2019 eine neue Bedarfsplanung vorzulegen. (af)

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