Chirurgie

Mutterschutzgesetz — Ein dickes Problem für schwangere Ärztinnen

Drei Worte im neuen Mutterschutzgesetz haben für Ärztinnen eine unliebsame Kehrseite. Der Deutsche Ärztinnenbund wehrt sich mit einem offenen Brief.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Schwangere Ärztin. Für Chirurginnen ist es durch eine Formulierung im neuen Mutterschutzgesetz schwer, weiter im Op zu arbeiten.

Schwangere Ärztin. Für Chirurginnen ist es durch eine Formulierung im neuen Mutterschutzgesetz schwer, weiter im Op zu arbeiten.

© BSIP SA / Alamy / mauritius images

NEU ISENBURG. Es sind nur drei Wörter: " ... oder sein kann." Ein winziger Zusatz im neuen Mutterschutzgesetz macht es schwangeren Chirurginnen schwer, weiter im OP zu stehen. Das neue Gesetz soll werdende Mütter besser schützen.

Aber für Chirurginnen, die ein Kind erwarten, schaffe es neue Probleme, meint der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB). Erst vor wenigen Wochen protestierte der DÄB in einem offenen Brief gegen die inzwischen vielen "Tätigkeitsverbote für Ärztinnen während der Schwangerschaft, die Arbeitsverboten gleichkommen."

In dem neuen Gesetzestext heißt es in Paragraf 11: "Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie in einem Maß Gefahrstoffen ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt."

Monate — im Op eine Ewigkeit

In der Tat eine wachsweiche Formulierung. Was sie bedeuten kann, berichtet eine junge Fachärztin, die kurz vor ihrer Habilitation steht und ihr erstes Kind erwartet. Ihr Name soll hier nicht genannt werden. "Ich habe mit meinem Chef gesprochen, als ich in der zwölften Schwangerschaftswoche war und wollte gerne weiter operieren", sagt sie.

Sie schlug ihm vor, auf die 24-Stunden-Dienste in der Woche und die Zwölf-Stunden-Dienste an Wochenenden zu verzichten aber weiter kleinere operative Eingriffe zu machen und auch weiter auf der Station zu arbeiten. "Mit Röntgenstrahlen hätte ich keinen Kontakt gehabt", sagt die junge Ärztin. "Also: Wenn man das Ganze ein wenig koordiniert hätte, wäre meine Weiterarbeit gut möglich gewesen."

Zunächst zeigte sich der Chef offen für den Vorschlag seiner Kollegin. Aber dann kam es doch anders. Offenbar hatte der Vorgesetzte sich juristisch beraten lassen und lehnte aufgrund des Mutterschutzgesetzes in einem zweiten Gespräch schließlich eine Weiterbeschäftigung im OP ab.

Stattdessen musste die hoch qualifizierte Fachärztin wochenlang den Job übernehmen, den sonst ein Kollege in einem deutlich früheren Ausbildungsstand machte – die OP-Vorbereitung und Patientenaufklärung. "Fast einen Affront", nennt die Ärztin das. Monatelang war sie raus aus der OP-Routine. "In unserem Geschäft der Chirurgie eine Ewigkeit", sagt sie.

Verständnis für den Chef

Andererseits könne sie ihren Chef verstehen, wie sie sagt. Für die Arbeitserlaubnis und die Gefährdungsbeurteilung in den OPs sind die örtlichen Gewerbeaufsichtsämter zuständig. Der Chef wollte nicht in die Haftung treten, weil er eine schwangere Kollegin hätte weiter arbeiten lassen, obwohl sie im OP nach Meinung des Gewerbeaufsichtsamtes und seiner Auslegung des Mutterschutzgesetzes hätte gefährdet werden können.

Der DÄB kritisiert unterdessen, dass die Gewerbeaufsichtsämter das neue Gesetz zudem landauf, landab offenbar nach Gusto auslegen. Die Bescheide zur Gefährdungsbeurteilung seien "subjektiv gefärbt", die Arbeit der Ämter "zum Teil inadäquat und unterschiedlich", so der DÄB.

Deshalb fordern die Ärztinnen unter anderem eine Gefährdungsbeurteilung jeder einzelnen Stelle, und zwar, bevor eine Ärztin schwanger wird. Außerdem sollen die Ämter ihre Beurteilungkriterien koordinieren.

Für die Chirurgin aus der Uni-Klinik kommt diese Initiative zu spät: ihr Kind kommt im August auf die Welt.

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