Reformvorschlag

Lauterbach will Erstkontakte extra vergüten

"Erstkontakte sollen sich lohnen": Mit einem Sonderbudget für Erstkontakte bei Fachärzten will der SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach Ungerechtigkeiten bei der Terminvergabe beseitigen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach, hier im Bundestag, will Erstkontakte bei Ärzten fördern.

SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach, hier im Bundestag, will Erstkontakte bei Ärzten fördern.

© Wolfgang Kumm/dpa

BERLIN. Die SPD will die ihrer Ansicht nach bestehende Zwei-Klassen-Medizin angehen. Ein Hebel dazu soll ein extrabudgetäres Sonderbudget für Fachärzte sein, das für die Neuaufnahme von Patienten abgerufen werden kann. Mit diesem Vorschlag will der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Professor Karl Lauterbach, ins Rennen gehen.

Die Koalition bereitet derzeit ein Versorgungsgesetz vor. Mit dem Entwurf soll in den nächsten Wochen zu rechnen sein. Dort will Lauterbach seinen Vorschlag unterbringen. "Für Fachärzte ist es oft lukrativer, einen Bestandspatienten zu behandeln als einen neuen Patienten aufzunehmen", begründete Lauterbach seinen Vorstoß am Mittwoch in Berlin.

Ein "klassisches Beispiel für Zweiklassen-Medizin" sei der Umgang vieler Internisten mit Rheumapatienten. Während Patienten aus dem Bestand alle drei Monate einbestellt würden, müssten neue Patienten auf eine Ersteinstellung oft Monate warten. Es sei denn, sie seien privat versichert, sagte Lauterbach.

Tatsache sei, dass Menschen mit der Erstdiagnose Rheuma "fast Notfälle" seien, weil die Krankheit während der Wartezeit auf die Erstbehandlung schnell voranschreiten könne. Stark betroffen von Wartezeiten seien auch Patienten mit kardiologischem oder psychiatrischem Behandlungsbedarf.

Die SPD wolle daher einen zusätzlichen Anreiz für Fachärzte schaffen. "Auch Erstkontakte sollen sich lohnen", sagte Lauterbach.

KBV versus Lauterbach

Das Modell unterscheidet sich von einem Vorschlag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Deren Vertreter hatten die Entbudgetierung ärztlicher Leistungen angemahnt. Würden zum Beispiel die pauschalierten ärztlichen Grundleistungen voll bezahlt, wäre das für Ärzte ebenfalls ein Anreiz, mehr Kassenpatienten zu behandeln, so ihr Ansatz. Rund 500 Millionen Euro pro Jahr würde dies nach KBV-Berechnungen die Kassen kosten.

Diesem Gedankengang will Lauterbach nicht folgen. "Das geht in die falsche Richtung", sagte der Mediziner und Gesundheitsökonom. Damit werde lediglich das Budget ausgedehnt. Das bedeute, es werde mehr Geld für eine Fehlsteuerung ausgegeben.

Lauterbach schätzt die Kosten für den KBV-Ansatz auf 730 Millionen Euro. Dazu, inwieweit das Sonderbudget die Kassen belasten würde, wollte sich Lauterbach nicht äußern. Würde man in der Größenordnung des KBV-Vorschlags denken, käme man damit aber sehr weit, so der Politiker.

Haus- und Fachärzte nicht in Konkurrenz stellen

Das zusätzliche Budget solle nicht zu einer Verschiebung der Gesamtbudgetanteile zwischen Haus- und Fachärzten führen. "Das Problem wird von Fachärzten verursacht. Es soll auch dort gelöst werden", sagte der Gesundheitspolitiker. Die Förderung von Erstkontakten bei Fachärzten bedeute nicht, dass die hausarztzentrierte Versorgung damit ausgehöhlt werden solle.

Ein Sonderbudget passe zudem gut in das Gesamtpaket geplanter Änderungen wie der Ausweitung der Sprechstundenzeiten von 20 auf 25 Stunden sowie einer besseren Erreichbarkeit der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen.

Eine "Strafgebühr"für Patienten in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser lehnte der SPD-Fraktionsvize kategorisch ab. "Wir haben nicht die Praxisgebühr abgeschafft, um sie jetzt durch die Hintertür wieder einzuführen", sagte Lauterbach. KVen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatten Gebühren als Steuerungselement ins Gespräch gebracht.

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