Vertreterversammlung

Brandenburgs KV-Delegierte warnen vor TSVG-Entwurf

Als einen Angriff auf die Freiberuflichkeit wertet die Vertreterversammlung der KV Brandenburg den Entwurf für das Terminservice- und Versorgungsgesetz.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
"Überflüssige offene Sprechstunde (werden) zu Lasten der Ärzte missbraucht, indem funktionierende Praxisabläufe dirigistisch geregelt werden sollen", wirft die Vertreterversammlung der KV Brandenburg dem TSVG-Entwurf vor.

"Überflüssige offene Sprechstunde (werden) zu Lasten der Ärzte missbraucht, indem funktionierende Praxisabläufe dirigistisch geregelt werden sollen", wirft die Vertreterversammlung der KV Brandenburg dem TSVG-Entwurf vor.

© Yantra / stock.adobe.com

POTSDAM. Die Vertreterversammlung der KV Brandenburg fordert in einer einstimmig verabschiedeten Resolution, den Entwurf für das Terminservice- und Versorgungsgesetz zu überarbeiten. In der vorliegenden Form stelle das TSVG einen "schwerwiegenden Eingriff in die Handlungs- und Versorgungsrealität" der Vertragsärzte und Psychotherapeuten dar. Im Ergebnis werde nicht die ambulante Versorgung verbessert, sondern das "nichtindizierte Inanspruchnahmeverhalten" der Patienten gefördert.

"Knappe ärztliche Ressourcen werden durch eine neu geschaffene Terminservicestelle und eine überflüssige offene Sprechstunde zu Lasten der Ärzte missbraucht, indem funktionierende Praxisabläufe dirigistisch geregelt werden sollen", heißt es in der Stellungnahme.

Aufhebung des Budgets gefordert

Wie ihre Kollegen in anderen KVen verlangen die Brandenburger Vertragsärzte eine Aufhebung der ambulanten Budgets, die nicht nur Akut- und Neupatienten erfasse. Kostenneutral, wie von den Kassen gewünscht, könnten die geplanten Neuregelungen nicht umgesetzt werden.

Neue Strukturen und neue Arztsitze müssten zu 100 Prozent von den Kostenträgern finanziert werden und dürften nicht zu Lasten des Honorars der ambulant tätigen Versorger gehen. Der Bundesgesetzgeber sei gefordert, Lösungen mit Akteuren der Länder und der ärztlichen Basis zu erarbeiten, heißt es in der Resolution.

"Ich werde immer mehr vom Arzt zum Leistungserbringer, dafür habe ich vor über 20 Jahren nicht meine Zulassung beantragt", sagte Dr. Johannes Becker, praktischer Arzt aus Ruhland. Trotz vieler "schattiger" Stellen sehen KV-Vorsitzender Dr. Peter Noack und sein Stellvertreter Andreas Schwark dennoch auch Licht in dem TSVG-Entwurf. "Für mich ist das Glas nicht halbleer, sondern halbvoll", betonte Noack auch mit Blick darauf, dass es sich noch nur um einen Referentenentwurf handelt.

Auch wenn der Gesetzvorschlag beispielsweise Regelungen wie die Schaffung zusätzlicher Arztsitze durch die Länder zu Lasten der Gesamtvergütung und Umverteilungen zu Lasten der technischen Medizin enthalte und der Sachstand zur Bereinigung noch völlig ungeklärt sei, gebe es doch auch Positives.

KVen haben Spielraum bei Strukturfonds

Beim Strukturfonds etwa bekommen laut Noack die KVen einen weiten Gestaltungsspielraum, außerdem enthalte der Entwurf Mehrvergütungen und eine Teil-Entbudgetierung, die von den MGV-Verhandlungen losgelöst sei. "Wir können ohne die Kassen gestalten. Dafür müssen wir natürlich viel tun", so Noack. "Wir können durch Regelungen positive Entwicklungen erreichen", sagte auch Schwark.

Als Beispiel für gefundene Lösungen, "an denen Krankenkassen letzten Endes nicht vorbeikommen", nannte er die Überweisungssteuerungsverträge, an denen inzwischen vier Kassen beteiligt sind. Oder Mittel in Höhe von rund einer Million Euro, die von den Krankenkassen für die Weiterentwicklung der Notfallstrukturen in diesem Jahr bereit gestellt werden.

"Zu viel Optimismus kann auch schaden", sagte dagegen Allgemeinmediziner Dr. Hanjo Pohle aus Rathenow. "Was machen wir, wenn wir kein zusätzliches Geld bekommen?" Wenn der Referentenentwurf so durchgehe, "können wir uns umbenennen in Sicherstellungsbehörde."

Von der "Basis" werde das TSVG nicht optimistisch gesehen, sagte Dr. Stephanie Lenke, Allgemeinärztin aus Senftenberg. Sie ärgerte wie auch Kollegen zudem die für 2019 in Aussicht gestellte Erhöhung des Orientierungswerts in Höhe von knapp 1,6 Prozent. "Wir werden mit einem Punktwert abgestraft, der nicht einmal die Inflation abdeckt", so Lenke.

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