CDU

Stühlerücken nach Hessenwahl

Nach der Landtagswahl in Hessen, die der CDU und SPD große Verluste beschert hat, plant Kanzlerin Merkel, den Parteivorsitz abzugeben. Bundesgesundheitsminister Spahn meldet Interesse an.

Christoph BarkewitzVon Christoph Barkewitz Veröffentlicht:
Angela Merkel, Bundeskanzlerin und Vorsitzende der CDU, und Volker Bouffier, stellvertretender CDU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Hessen, am Tag nach der Landtagswahl in Hessen.

Angela Merkel, Bundeskanzlerin und Vorsitzende der CDU, und Volker Bouffier, stellvertretender CDU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Hessen, am Tag nach der Landtagswahl in Hessen.

© Kay Nietfeld / dpa

WIESBADEN. Die gewaltigen Stimmverluste für CDU und SPD bei der Landtagswahl am Sonntag haben bei der Union erhebliche personelle Konsequenzen: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Montag erklärt, den CDU-Parteivorsitz abgeben und bei der nächsten Bundestagswahl 2021 nicht erneut als Kanzlerin antreten zu wollen.

Ebensowenig wolle sie dann wieder für den Bundestag kandidieren oder andere politische Ämter übernehmen.

Noch am gleichen Tag haben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärt, sich auf dem Parteitag der Union Anfang Dezember in Hamburg für den Parteivorsitz bewerben zu wollen.

Neben einigen unbekannten bereits hervorgetretenen Herausforderern wird dann wohl auch der von Merkel ausgebootete frühere Unionsfraktions-Vorsitzende Friedrich Merz antreten.

Die SPD-Bundesvorsitzende Andrea Nahles will ihr Amt zunächst behalten, die Union aber mit einem Forderungskatalog auf eine bessere Zusammenarbeit verpflichten.

Verluste für CDU und SPD in Hessen

Die CDU ist am Sonntag um gut elf Prozentpunkte auf 27 Prozent abgestürzt, die SPD verlor in ihrem einstigen Stammland Hessen 10,9 Punkte auf nur noch 19,8 Prozent.

Diesen Wert erreichten auch die Grünen – für die Ökopartei aber ein herausragendes Ergebnis. In absoluten Zahlen lagen die Grünen sogar noch knapp hundert Stimmen vor den Genossen.

Die FDP steigerte sich auf 7,5 Prozent (+2,5 Prozentpunkte), die Linken kamen auf 6,3 Prozent (+1,1). Erstmals wird die AfD im Landtag vertreten sein, die nach dem knappen Scheitern im Jahr 2013 (4,1 Prozent) am Sonntag 13,1 Prozent erreichte.

Damit ist die wahrscheinlichste Regierungskonstellation eine Fortsetzung des bestehenden schwarz-grünen Bündnisses, das fortan aber nur eine Stimme Mehrheit hätte. Eine Ertüchtigung dieses schwachen Konstrukts durch die FDP im Sinne einer „Jamaika“-Koalition, hat FDP-Fraktionschef und Spitzenkandidat René Rock bereits abgelehnt.

Ebenso die Beteiligung an einem grün-rot-roten Bündnis: Die Arbeit unter einem grünen Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir wäre für die Liberalen nicht denkbar.

Rechnerisch ist auch eine Koalition aus CDU und SPD oder eine „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP denkbar. SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel vermittelt derzeit aber nicht den Eindruck als glaube er an eine solche Entwicklung.

Schäfer-Gümbel darf als die tragische Figur der Wahl gelten: Als einzige Partei setzte seine Partei im Wahlkampf konsequent und frühzeitig auf Inhalte – Bildung, Mobilität, Wohnen – konnte dem gewaltigen Abwärtstrend der Genossen aber dennoch nichts entgegensetzen.

Grüttner erhält kein Mandat mehr

Einer der großen Verlierer der Hessenwahl ist auch Sozialminister Stefan Grüttner von der CDU. Der auch bundesweit anerkannte langjährige Gesundheitspolitiker verlor sein seit 2008 stets verteidigtes Direktmandat in Offenbach gegen den Grünen-Spitzenkandidaten und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.

Neben Al-Wazir holten noch vier weitere Grüne Direktmandate – ein Novum in Hessen. Einer der Profiteure des grünen Höhenflugs ist Marcus Bocklet. Der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion eroberte im dritten Anlauf seinen Frankfurter Wahlkreis.

Seinen Wahlkreis in der Mainmetropole verteidigte der aktuell einzige Arzt im Plenum, der Dermatologe Dr. Ralph-Norbert Bartelt, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

Künftig wird mit dem AfD-Spitzenkandidaten Rainer Rahn – ebenfalls aus Frankfurt – mindestens ein weiterer Mediziner vertreten sein. Rahn ist zweifach promoviert in Human- und Zahnmedizin.

Die bisherigen Gesundheitsexperten von SPD (Dr. Daniela Sommer) und FDP (Fraktionschef Rock) sind ebenfalls im durch Überhang- und Ausgleichsmandate von 110 auf 137 aufgeblähten Landtag vertreten. Einzig die Linken-Fachfrau Marjana Schott ist nicht mehr dabei.

Dieser Beitrag wurde aktualisiert am 29.10.2018 um 16:02 Uhr. Dabei haben wir den dpa-Text durch einen eigenen Beitrag ersetzt.

Lesen Sie dazu auch: Von AKK über Merz bis Schäuble: Merkels mögliche Erben

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