Krankenkassen
Ärzteverbände wehren sich gegen Betrugsvorwürfe
BERLIN. Die Ärzteschaft zeigt geschlossen Kante: KBV und Deutscher Hausärzteverband verwehren sich gegen Vorwürfe „einzelner Kassenvertreter“, die Ärzte würden bei der Kodierung manipulieren. Sie fordern „ein sofortiges Ende dieser Betrugsvorwürfe“, die im Zuge der Reform des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) aufgekeimt sind.
Dabei werden sie von weiteren Ärzteverbänden unterstützt: Der Hartmannbund, der Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands, der NAV-Virchow-Bund sowie MEDI GENO Deutschland zeigen sich demnach gleichfalls empört über die Vorwürfe.
„Die Krankenkassen haben ein Interesse an den Zuweisungen aus dem Morbi-RSA und nicht die Ärzte“, stellen Dr. Stephan Hofmeister, Vorstand der KBV, Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, Dr. Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbundes, Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa und Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes, sowie Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI GENO Deutschland, gemeinsam in einer Mitteilung klar.
„Wir verbitten uns, in diesem Verteilungskampf, den die Krankenkassen untereinander führen, die Ärzte des Betrugs zu bezichtigen.“
„Ungeheuerliche“ Vorwürfe
Eine Neujustierung des Morbi-RSA sei dringlich, so KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister. Er lade offensichtlich Kassen ein, nicht mehr den Patienten in den Fokus zu stellen, sondern „schlechte oder gute Versicherungsrisiken“. Hausärzteverbands-Chef Ulrich Weigeldt sagt, es sei zutreffend, dass „einige Kassen versucht haben, Einfluss auf die Kodierungen der Ärzte zu nehmen“. Dass die Ärzteschaft für dieses „betrügerische Vorgehen beschuldigt wird, ist ungeheuerlich“, klagt Weigeldt.
Im TSVG will die Koalition die Zügel nochmals anziehen. Es komme nicht mehr auf die Frage, an, „ob Vergütungen ‚für‘ Diagnosen oder für ärztliche Leistungen gezahlt werden“, heißt es in dem Änderungsantrag. „Verboten ist sowohl eine Vergütung als Gegenleistung für die Vergabe, Dokumentation oder Übermittlung von Diagnosen, als auch eine Vergütung ärztlicher Leistungen, deren Zahlung oder deren konkreten Höhe an bestimmte Diagnosen geknüpft wird“, so die Begründung.
Keine einheitliche Aufsicht
In der Vergangenheit war das Bundesversicherungsamt gegen derartige Vertragspassagen vor allem in Hausarztverträgen vorgegangen und hat Kassen unter ihrer Aufsicht zu Anpassungen gezwungen. Offensichtlich haben Versuche, eine einheitliche Praxis auch für Kassen unter Länderaufsicht zu erreichen, nicht ausreichend gefruchtet.
Der Widerstand aus dem AOK-Lager ist entsprechend groß. Die geplante Vorschrift könnte innovative Versorgungsverträge bremsen, warnt Martin Litsch, Chef des AOK Bundesverbands. Wenn sich ein Vertrag auf spezifische Krankheits-Ausprägungen beziehe, dann seien auch „rechnungsbegründende Unterlagen für die Versorgung“ nötig, so Litsch. (reh/fst)
Wir haben diesen Beitrag erweitert am 19.2.2019 um 14 Uhr.