Laumanns Rundumschlag

„Eine Bundes-AOK kann er sich von der Backe putzen“

Für seinen Plan, die AOKen bundesweit zu öffnen, erhält Bundesgesundheitsminister Spahn nicht nur Lob. Mit scharfen Worten hat sich NRW-Gesundheitsminister Laumann beim Kongress des Westens dagegen gewandt. Auch Ärzte, Kliniken und GBA bekamen ihr Fett ab.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Rundumschlag von Karl-Josef Laumann (CDU) gegen Spahn, Ärzte, Kliniken und GBA.

Rundumschlag von Karl-Josef Laumann (CDU) gegen Spahn, Ärzte, Kliniken und GBA.

© WISO / Schmidt-Dominé

KÖLN. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat beim Gesundheitskongress des Westens in Köln Klartext geredet.

Die von seinem Parteifreund Jens Spahn geplante Bundes-AOK werde es nicht geben, versprach Laumann. Dafür hat er nach eigenen Angaben schon Vorkehrungen getroffen.

Die bundesweite Öffnung der AOKen, wie sie im „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ vorgesehen ist, könne sich Spahn „von der Backe“ putzen, sagte Laumann auf dem Gesundheitskongress. „Das ist undenkbar.“

"Das kommt nicht"

In Berlin gebe es schließlich eine Koalition aus drei Parteien. Auch die CSU lehne das Vorhaben des Bundesgesundheitsministers ab.

„Die werden die Koalitionsfrage stellen, das habe ich eingetütet“, berichtete Laumann. Es brauche sich also niemand mehr aufzuregen. „Das kommt nicht.“

Laumann hatte bereits Anfang vergangener Woche mit mehreren Länderkollegen gegen Spahns Pläne protestiert. „Wir sind der Auffassung, dass die Umsetzung eines derartigen Vorhabens letztendlich zu erheblichen Verwerfungen innerhalb des AOK-Systems und im Ergebnis zu einer Schwächung des Kassenwettbewerbs führen würde“, hieß es in dem Schreiben.

Mitunterzeichner waren die Minister Melanie Huml (Bayern, CSU), Barbara Klepsch (Sachsen, CDU) und Manfred Lucha (Baden-Württemberg, Grüne).

Lob für Spahns Vorgeben bei der gematik

Laumann wies jegliche Absicht zurück, in der Gesundheitspolitik die Gewichte von den Ländern weg zum Bund zu verschieben.

Die umgekehrte Richtung wäre seiner Meinung nach richtiger, die Länder bräuchten mehr Rechte. „Versorgungsfragen gehören in die Länder, weil sie näher dran sind.“

Der NRW-Minister unterstützte hingegen das Vorgehen des Bundesgesundheitsministers bei der gematik. „Spahn macht bei der gematik einen Neuanfang, andere haben das ja nicht im Kreuz.“

Es sei ein Skandal, dass die Interessenverbände in den vergangenen Jahren den Aufbau einer richtigen Telematik-Infrastruktur verhindert hätten, sagte er.

Der Grund dafür ist aus seiner Sicht klar: Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen fürchten die mit der Digitalisierung verbundene Transparenz.

Kritik an Ärzten

Kein Verständnis hat Laumann für den Widerstand in der Ärzteschaft gegen die Anbindung an die Infrastruktur. „Wenn 20 Prozent der Ärzte sagen, sie wollen nicht an der Digitalisierung teilnehmen, wo sind wir denn dann?“ Eine solche Haltung könne nicht die Antwort auf die Herausforderungen der heutigen Zeit sein.

Die Krankenhausplanung müsse auch in Zukunft in den Händen der Länder bleiben und dürfe selbst bei einer monistischen Finanzierung nicht an die Kassen übergehen, forderte er. Ihnen fehle für eine solche Aufgabe die demokratische Legitimation.

Nach 20 Jahren des Stillstands werde er in dieser Legislaturperiode wieder einen Krankenhausplan vorlegen, der diesen Namen verdiene, kündigte der Minister an.

Die Proteste der Krankenhausgesellschaft NRW gegen die von ihm geplanten Strukturmaßnahmen stören ihn wenig. „Das geht an mir vorbei, als ob sich in Afrika eine Wildsau an einer Eiche scheuert.“

"Machtverhältnisse im GBA aufbrechen"

Auch der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) bekam sein Fett weg. „Es ist mein Fernziel, die Machtverhältnisse im GBA aufzubrechen“, betonte Laumann.

Seiner Meinung nach gehört die Pflege neben Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen in dieses zentrale Gremium im Gesundheitswesen.

Wenn er auch in Zukunft bestehen will, muss sich der GBA nach Überzeugung Laumanns ändern. Es sei nicht länger akzeptabel, dass sich der Ausschuss über den Gesetzgeber hinwegsetze und Beschlüsse einfach nicht umsetze.

Der GBA-Vorsitzende, Professor Josef Hecken, sieht die Kritik von Laumann gelassen. Er blicke optimistisch auf die nächsten Jahre, sagte Hecken.

So schlecht könne die Arbeit des GBA nicht sein. „Dieselben Leute, die uns abschaffen und schleifen wollen, geben uns bei jedem neuen Gesetz neue Aufgaben“, betonte er. (Mitarbeit: nös/vdb)

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 27.03.2019 um 16:48 Uhr.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Umtriebiger Landesminister

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