Klinik-Umbau

Die Zeit für das Zukunftsmodell Templin läuft

Das ehrgeizige Innovationsfonds-Projekt zur Strukturmigration im brandenburgischen Templin ist auf dem Weg. Doch wird es sein Ziel fristgerecht erreichen?

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:

POTSDAM/TEMPLIN. Am Sana Krankenhaus Templin stehen nun die nötigen Mittel aus dem Strukturfonds für den Umbau in ein ambulant-stationäres Zentrum zur Verfügung. Die strukturelle Entwicklung dieses Zentrums wird bereits seit 2017 aus dem Innovationsfonds gefördert.

Im August hat die Klinik schließlich den Förderbescheid des Landesgesundheitsministeriums über 10,1 Millionen Euro zur Baufinanzierung erhalten. Zugesagt waren die Mittel bereits am Jahresanfang.

Sana Berlin-Brandenburg Geschäftsführer Dr. Christian von Klitzing kündigte kürzlich an, dass das Krankenhaus schnellstmöglich mit der baulichen Realisierung beginnen werde.

„Die Maßnahmen werden einen signifikanten Beitrag zur Optimierung der Patientenversorgung im Mittelbereich Templin leisten“, so von Klitzing.

Viele Umbauten notwendig

Die Umwandlung des Krankenhauses umfasst baulich unter anderem den Umbau einer Villa auf dem Krankenhausgelände in eine pädiatrische Praxis, die Errichtung weiterer Praxen als Teile des ambulant-stationären Zentrums und den Ausbau eines Flügels im zweiten Stock des Klinikgebäudes für die ambulante geriatrische Versorgung. Außerdem soll in der Nähe der bestehenden Ambulanz eine sogenannte „Low-Care-Unit“ eingerichtet werden.

In dieser neuartigen Struktur an der Sektorengrenze sind vier Plätze für Patienten geplant, die zwar medizinisch beobachtet werden müssen, aber nicht so erkrankt sind, dass dies einen vollstationären Aufenthalt rechtfertigen würde.

Umbauten sind zudem nötig, um einen zentralen Empfangsbereich zu schaffen, von dem aus die Patienten durch das ambulant-stationäre Zentrum gesteuert werden können. Die bestehenden RegioMed-Praxen der KV Brandenburg (KVBB) sollen als Teil des geplanten Zentrum auf dem Krankenhausgelände zusammengefasst werden.

Dazu gehören unter anderem eine Praxis für Innere Medizin mit den Fachrichtungen Kardiologie und Gastroenterologie und Patientenwartebereiche.

Skepsis bei Niedergelassenen

Das Gesundheitsministerium teilte kürzlich mit, dass mit der Realisierung des Vorhabens bis Ende 2020 26 vollstationäre Planbetten abgebaut werden sollen. Gleichzeitig muss bis Ende 2020 das Projekt „Stimmt“ (Strukturmigration im Mittelbereich Templin) abgeschlossen sein, das mit 14,5 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds gefördert wird.

An diesem Projekt arbeitet das Krankenhaus Templin gemeinsam mit der Stadt Templin und der Projektinitiatorengruppe IGiB (Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg), die aus KVBB und AOK Nordost und Barmer besteht. Projektvision ist eine sektorübergreifende Versorgung aus einer Hand.

Neben der stationären und der ambulanten medizinischen Versorgung sollen in dem Stimmt-Zentrum Pflege, Therapie- und Beratungseinrichtungen, Apotheke, Sanitätshaus und weitere Anlaufstellen integriert werden.

„Die neuen räumlichen Möglichkeiten sind nötig, damit die Synthese zwischen ambulant und stationär auch dargestellt werden kann“, sagte IGiB-Stimmt-Chef Dr. Hans-Joachim Helming der „Ärzte Zeitung“. Derzeit arbeiten die Partner nach seinen Angaben mit Interimslösungen.

Niedergelassene Ärzte ins Boot holen

Das Koordinierungs- und Beratungszentrum etwa hat aktuell seinen Sitz in der ehemaligen Sparkassen-Filiale der uckermärkischen Kleinstadt. „Kernaufgabe des Innovationsfonds-Projektes ist es, die ambulanten Strukturen so zu entwickeln, dass Klinikaufenthalte vermieden werden“, so Helming weiter.

Dabei bleibe es wichtig, die niedergelassenen Ärzte an Ort und Stelle ins Boot zu holen. Nach wie vor gibt es unter ihnen auch Skeptiker. „Die versuchen wir nun mit positiven Praxisbeispielen zu überzeugen.“

In einzelnen Fällen sei das bereits gelungen. So stellen seinen Angaben zufolge manche Ärzte fest, dass eine zeitweise Unterstützung durch eine AgnesZwei-Fallmanagerin in der Praxis von Vorteil sei.

Einbezogen sind niedergelassene Ärzte auch bei der Entwicklung der speziellen Behandlungspfade. Bis Jahresende sollen Pfade für Gastroenterologie, Kardiologie, Rheuma, Inkontinenz und Rückenschmerz abgeschlossen sein. Der Herzinsuffizienz-Pfad ist seit Juni ausgerollt, und für die Notfallmedizin gibt es seit April eine Bereitschaftsdienstpraxis am Krankenhaus.

5000 Patienten eingeschrieben

Eingeschrieben in das Projekt sind laut Helming derzeit knapp 5000 Patienten. Während diese praktischen Anteile der neuen Versorgungsstruktur in der Entwicklung begriffen sind, gibt es im Projekt jedoch noch viel Diskussionsbedarf über die normativen, finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen für die neue Versorgungsform.

„Für die von uns erprobte Synthese zwischen ambulant und stationär gibt es keine Trägerstruktur, keinen Rechtsrahmen und keine Finanzierungsform. Das alles muss von uns mit entwickelt werden“, sagt Helming.

Er sorgt sich rund 15 Monate nach dem faktischen, verspäteten Projektstart um den straffen Zeitplan, den der Innovationsfonds vorgibt: „Wenn man so komplexe Veränderungen anstößt, kommt man mit vier Jahren nicht hin“, meint er.

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