EU-Staaten sollen bei Arbeitszeiten mehr Kompetenzen erhalten

BRÜSSEL(taf). Die europäische Sozialkommissarin Anna Diamatopoulou hat erneut bekräftigt, die EU-Arbeitszeitrichtlinie ändern zu wollen. Sie will den Mitgliedsländern flexiblere Lösungen ermöglichen.

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"Die Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu den Bereitschaftsdiensten von Ärzten in Krankenhäusern haben vielen EU-Staaten Kopfzerbrechen bereitet," begründet Diamantopoulou die geplante Überarbeitung der aus dem Jahre 1993 stammenden Richtlinie. Die Kommissarin appelliert an die europäischen Sozialpartner an einer Überarbeitung der geltenden Bestimmungen mitzuarbeiten.

Als Folge der EuGH-Urteile hatten einige EU-Staaten Ausnahmeregelungen in Anspruch genommen. Um derartige "opt-aut"-Klauseln nicht zur Regel werden zu lassen, will die EU-Kommission eine Neufassung der Arbeitszeitrichtlinie bis zum Herbst 2004 erreichen.

Im September 2003 hatten die obersten europäischen Richter von Luxemburg in einem deutschen Rechtsstreit entschieden, daß Bereitschaftsdienste von Ärzten in Krankenhäusern voll auf die Arbeitszeit anzurechnen seien. Die solle selbst dann gelten, wenn ein Arzt während der Bereitschaft in der Klinik schlafen könne, urteilte das EuGH auf der Grundlage der deutschen Arbeitszeitrichtlinie.

Die Krankenhausträger und Ärzteverbände liefen gegen diese Interpretation Sturm und bilanzierten einen zusätzlichen Bedarf von 15 000 Medizinern in den deutschen Kliniken. Die Bundesregierung bezifferte die Folgekosten des Richterspruchs mit 1,75 Milliarden Euro.

EU-Kommissarin Diamantopoulou hat nunmehr die europäischen Sozialpartner aufgefordert, bis Ende März entsprechende Vorschläge für die Überarbeitung der Richtlinie vorzulegen. Die 1993 erlassene Gemeinschaftsregelung schreibt für den Großteil der EU-Beschäftigten eine Höchstarbeitszeit von durchschnittlich 48 Wochenstunden vor.

Diamantopoulou machte in Brüssel deutlich, daß die Belastungen für die europäischen Gesundheitssysteme gerade in der wirtschaftlich angespannten Situation nicht weiter verschärft werden dürften. Auch müsse dem eingeleiteten Reformprozeß der Gesundheitssysteme Rechnung getragen werden.

So sucht Brüssel im Sinne der Mitgliedsstaaten nach Möglichkeiten, um das EuGH-Urteil zu umgehen, heißt es aus Kommissionskreisen. Diamantopoulou regt an, den Mitgliedstaaten freizustellen, die Arbeitszeit für Bereitschaftsdienste zu regeln: "Vielleicht sollte eine nationale Definition der Arbeitszeit möglich sein", sagte die Kommissarin.

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