Ärzten geht es im Ausland besser, aber nicht immer den Patienten

KIEL (di). Für die Zukunft der ambulanten Medizin sehen Ärzte und Politiker keine Patentlösung. Eine Veranstaltung der KV Schleswig-Holstein zeigte, daß Nachbarländer zwar interessante Lösungen gefunden haben, aber nicht als Vorbild taugen.

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Für Jens Ehlers ist der Praxisalltag noch in Ordnung: Der Hausarzt hat geregelte Arbeitszeiten und erhält ein festes Basishonorar, dessen Höhe er als "in Ordnung" bezeichnet. Ehlers arbeitet im dänischen Tonder.

Auch sein Kollege Stephan Quentin im britischen Sussex hat Gutes aus seinem hausärztlichen Alltag zu berichten: Ein Manager nimmt den sechs Ärzten in der Praxis die Verwaltungsarbeit ab, die Arbeitsabläufe empfindet er als strukturiert, Notdienste fallen nicht an und mit seinem Einkommen ist Quentin ebenfalls zufrieden.

Unterstützung durch Fachärzte ist oft unzureichend

Der deutsche Landarzt Dr. Reimar Vogt aus Wesselburen dagegen schaut oft sehnsüchtig auf die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern. Vogt ist jederzeit dienstbereit, arbeitet oft rund 70 Stunden pro Woche und ärgert sich über die Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte in Deutschland.

Drei junge Hausärzte in Europa, die auf der Veranstaltung der KV Schleswig-Holstein aus ihrem Alltag berichteten. Doch die Arbeitsbedingungen bei den Nachbarn sind nur auf den ersten Blick ungetrübt. Ehlers verschwieg nicht, daß vieler seiner Patienten unzufrieden sind. Die Unterstützung durch Fachärzte ist in seinem Land unzureichend, die Patienten klagen über lange Wartezeiten.

Und auch Quentin erinnerte die Deutschen an Vorzüge ihres Systems: "Ein so breit gefächertes Angebot an Therapiemöglichkeiten gibt es in England nicht." Als Beispiele nannte er die Komplementärmedizin oder die psychotherapeutische Versorgung.

Deutschland muß nach eigenen Lösungen suchen

Damit bestätigten die Ärzte aus ihrem Alltag, was Experte Professor Fritz Beske seit langem prophezeit: Deutschland wird kein Vorbild für ein komplett neues Gesundheitssystem finden, sondern sein eigenes System schrittweise weiter entwickeln müssen. Um so erstaunter ist Beske über das nach seiner Beobachtung "hohe Maß an Energie, mit dem ein funktionstüchtiges System zerstört werden soll".

Damit spielte Beske auf die wiederholten, nicht belegten Behauptungen von Politikern an, die im deutschen Gesundheitswesen "noch Luft im System" vermuten. Auch Schleswig-Holsteins KV-Vize Ralf Büchner hat solche Behauptungen satt - genauso wie das nach seiner Ansicht "nicht mehr nachvollziehbare Maß an Mißtrauen gegen Ärzte".

Die versuchen in Schleswig-Holstein, neue Kooperationsformen für eine bessere Zusammenarbeit zu nutzen. Trotz Anlaufpraxen und Versorgungszentren wurde aber deutlich, daß künftig viele Regionen mit weniger Ärzten als bislang auskommen müssen. Eine Lösung für die deutschen Probleme konnte auch in Kiel nicht gefunden werden. Gesundheitsstaatssekretär Dr. Hellmut Körner faßte zusammen: "Es gibt eben kein Patentrezept."

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