Eine First Lady trommelt gegen Fettleibigkeit

Viele US-Bürger sind zu dick. Let's move! Mit dieser Botschaft zieht Michelle Obama durchs Land - und versucht Landsleute von einem anderen Lebensstil zu überzeugen.

Von Claudia Pieper Veröffentlicht:
Unermüdlich im Einsatz: Michelle Obama.

Unermüdlich im Einsatz: Michelle Obama.

© UPI-Foto / imago

Während ihr Mann mit Problemen in Libyen und Afghanistan beschäftigt ist, schlägt die First Lady der USA Michelle Obama auf heimischem Boden ihre eigene Schlacht: Sie will ihr Land aus den Klauen der Fettleibigkeitsepidemie befreien.

"Let's Move" heißt die Kampagne, die Frau Obama vor gut einem Jahr ins Leben gerufen hat. Seitdem ist sie unermüdlich unterwegs - ihre Mission: das Gesundheitsbewusstsein unter amerikanischen Familien so zu fördern, dass die Fettleibigkeitsrate unter Minderjährigen bis zum Jahr 2030 von 20 auf fünf Prozent gesenkt werden kann.

Das Ziel ist nicht nur nobel, sondern hat akute gesellschaftspolitische Relevanz: Mehr als zwei Drittel der Amerikaner sind übergewichtig, ein Drittel so schwer, dass sie in die Fettleibigkeitskategorie fallen - mit einem Body Mass Index (BMI) von mehr als 30.

Die Volkskrankheit Übergewicht macht vor der jungen Generation nicht halt: Bereits ein Drittel der amerikanischen Minderjährigen sind heute entweder übergewichtig oder fettleibig.

Was das für die Volksgesundheit bedeutet, beginnt sich gerade erst abzuzeichnen. Ein alarmierendes Beispiel ist der Anstieg der "Altersdiabetes" unter Jugendlichen.

Typ-2-Diabetes war bis Mitte der neunziger Jahre fast ausschließlich als Erwachsenenkrankheit bekannt, doch mittlerweile werden jährlich rund 3700 Amerikaner unter 20 Jahren damit diagnostiziert.

Experten fürchten, dass diese Zahl erst der Beginn eines besorgniserregenden Trends ist: In einer nationalen Studie unter mit hohem Typ-2-Diabetes-Risiko eingestuften Jugendlichen hatten zwar nur ein Prozent die Krankheit, aber fast ein Drittel hatte eine Vorstufe von Diabetes, berichtet Kaiser Health News.

Die Forschungsleiterin der Studie, Dr. Lori Laffel vom Joslin Diabetes Center in Boston, unterstrich, wie wichtig es sei, solche Kinder nicht nur ausfindig zu machen, sondern ihnen auch zu helfen, ihr Krankheitsrisiko zu drosseln: durch verändertes Ess- und Bewegungsverhalten.

Genau hier setzt Michelle Obamas "Let's Move"-Kampagne an. Gesünder Essen und mehr Bewegen lautet die einfache Formel für den Lifestyle-Wandel, den sich die First Lady für ihre Landsleute erhofft. Sie ermuntert Eltern, wieder häufiger zu kochen, statt mit ihren Kindern ins nächste Fast-Food-Restaurant zu gehen.

Mindestens 60 Minuten Bewegung am Tag bräuchten Kinder, so wirbt die "Let's Move"-Homepage, statt der 7,5 Stunden, die der durchschnittliche amerikanische Acht bis 18-Jährige täglich sitzend am Computer verbringt.

Dass der Appell zur familiären Fitness allein nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, weiß Frau Obama. Ihre Strategie besteht unter anderem darin, gesünderes Essen in die amerikanischen Schulen zu bringen und auch die Kommunen in fitnessbezogene Aktivitäten einzubeziehen.

Michelle Obama hat es besser als ihr Mann: Ihr Kampf gegen Fettleibigkeit ist längst nicht so kontrovers wie seine innen- und außenpolitischen Interventionen.

Ganz ohne Kritiker ist allerdings auch Frau Obama nicht. Die ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin, die sich anschickt, ins Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2012 zu gehen, meinte angesichts der "Let's Move"-Kampagne, Michelle Obama solle sich aus dem Leben ihrer Landsleute heraushalten.

Was die amerikanischen Landsleute in ihren Küchen und Wohnzimmern anstellten, ginge die Ehegattin des Präsidenten und die Regierung gar nichts an, sagte Palin. Dabei versäumte sie es allerdings zu erwähnen, dass das Thema bereits unter dem Republikaner Präsident Bush Regierungspriorität erlangt hatte.

Der damalige Gesundheitsbeauftragte Steven K. Galson hatte Fettleibigkeit "eine nationale Gesundheitskrise" genannt und ihr den Kampf angesagt. Diesen Kampf will Michelle Obama konsequent weiterführen.

Mehr zum Thema

Vor dem World Health Assembly

WHO-Pandemieabkommen noch lange nicht konsensfähig

Leicht geringere Sterblichkeitsrate

Sind Frauen besser bei Ärztinnen aufgehoben?

Kommentar zum Umgang mit aggressiven Patienten in Frankreich

Klima der Gewalt

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen