Reportage aus Griechenland

Die Probleme der Apotheker in Athen

Griechenland in der Krise - die Ärzte Zeitung ist vor Ort: In Athen haben wir Apotheker besucht. Sie berichten von ihren Sorgen und Nöten und erläutern, warum sie skeptisch der Zukunft entgegenblicken.

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Wartet vier Monate auf sein Geld von der Versicherung: Apotheker Takis Livadas in seinem Geschäft in Athen.

Wartet vier Monate auf sein Geld von der Versicherung: Apotheker Takis Livadas in seinem Geschäft in Athen.

© Jana Kötter

Aus Griechenland berichtet Jana Kötter

ATHEN. Olga Tavropoulou weiß nicht, wie sie die nächste Rechnung an den Großhandel zahlen soll. Die Apothekerin steht hinter dem Tresen in ihrer kleinen Apotheke in Athens Innenstadt und zuckt mit den Schultern.

"Ich habe bereits die Schecks für neue Arzneimittellieferungen unterschrieben, aber wovon soll ich sie zahlen?"

Noch heute wartet sie auf Rückzahlungen der staatlichen Einheitsversicherung EOPYY, die auf den März zurückgehen.

"Bis Ende Juni sind wenigstens 50 Prozent der März-Rückerstattungen ausgezahlt worden", sagt Olga Tavropoulou im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". "Und der Rest? Und April? Wer weiß..."

In Griechenland zahlen versicherte Patienten bei Arzneimittelverschreibungen zwar einen relativ hohen Eigenanteil- im Normalfall von 25 Prozent, in seltenen Fällen, vor allem bei sehr neuen Medikamenten, von bis zu 70 Prozent.

"Den Großteil des Preises bekommen wir aber von EOPYY erstattet, wozu wir die Rezepte am Monatsende einreichen", sagt Takis Livadas, der seine Apotheke seit zwölf Jahren betreibt.

Per Vertrag zwischen EOPYY und Apotheken sollte die staatliche Versicherung, die mit dem englischen NHS vergleichbar ist, den Apothekern die Beträge innerhalb von 60 Tagen erstatten.

"Heute sind vier Monate Wartezeit die Regel", sagt Livadas. Viele ihrer Kollegen teilten ihren Ärger, sagt Tavropoulous.

Viele Patienten können ihre Arzneien nicht bezahlen

Die Außenansicht von Livadas' Apotheke.

Die Außenansicht von Livadas' Apotheke.

© Kötter

Die Bürger, die seit drei Wochen nur 60 Euro pro Tag am Geldautomaten abheben konnten, erfuhren am Montag zumindest kleine Zeichen von Normalisierung: Die Banken öffneten am Montag wieder, ab sofort können bis zu 300 Euro, ab kommender Woche dann bis zu 420 Euro auf einen Schlag abgehoben werden.

Trotz neuer Belastungen - die Mehrwertsteuer für Lebensmittel steigt von 13 auf 23 Prozent - keimt damit Hoffnung auf.

Nicht jedoch in den Apotheken: Hier sieht kaum jemand Besserung in naher Zukunft. "Bis es für uns auch wieder bergauf geht, können sicher noch Jahre vergehen", meint Sofia Kasidiariki.

Die Apothekerin hat zusätzlich zu den ausstehenden Rückzahlungen mit einem weiteren Problem zu kämpfen: Mit Patienten, die ihre Medikamente nicht mehr selber zahlen können.

Denn wie hoch der Anteil der Barzahler - zumeist Patienten, die beispielsweise aufgrund von Arbeitslosigkeit ihre Versicherung verloren haben - ist, variiert von Pharmazie zu Pharmazie. Bei Sofia Kasidiariki sind es rund 50 Prozent. "Sie konnten eines Tages einfach nicht mehr zahlen."

Hinzu kämen hohe Steuern und Versicherungen, sodass ihr am Ende rund zehn Prozent des Arzneimittel-Preises als Gewinn blieben.

"Wenn nun, mit den neuen Reformen auch Supermärkte rezeptfreie Medikamente verkaufen können und die ohnehin schon niedrigen Arzneimittel-Preise noch weiter sinken, dann stellt das für viele Apotheker ein großes Problem dar. Bereits heute müssen viele Apotheken schließen", sagt Kasidiariki.

Arzneilieferungen: Bis zu zehn Tage Verzögerung

Dabei sieht sie vor allem die Öffnung des Arzneimittelmarktes für Supermärkte kritisch: "Medikamente völlig ohne Beratung abzugeben ist unverantwortlich", sagt sie. Sie befürchtet "Ernst zunehmende Gesundheitsgefahren".

Ihr Kollege Livadas weist auf ein weiteres Problem hin: Die Beschaffung von Arzneimitteln. "Das Problem ist nicht, dass die Medikamente nicht vorhanden wären", sagt der Apotheker im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". "Das Problem ist, dass uns die Arzneien nicht erreichen."

Früher habe es bei Lieferungen Verzögerungen von zwei oder drei Tagen gegeben. "Heute sind es bis zu zehn", sagt Livadas, der in dringenden Fällen ein Dutzend Kollegen anruft, um ein Medikament für seine Patienten zu beschaffen.

"An dieser Situation wird sich so schnell nichts ändern."

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