Schwarzhandel

Polens neue Regierung will illegale Medikamenten-Exporte eindämmen

Die neue polnische Regierung unter der nationalkonservativen Partei (PiS) von Jaroslaw Kaczynski will den Gesundheitsmarkt umbauen und gegen illegale Machenschaften vorgehen. Dabei präsentiert sich die Regierung sachorientiert und pragmatisch.

Von Sebastian Becker Veröffentlicht:
Apotheke in Stettin: Schwarzhandel ins Ausland führt zu Arzneimittel-Engpässen im Inland.

Apotheke in Stettin: Schwarzhandel ins Ausland führt zu Arzneimittel-Engpässen im Inland.

© Peter Endig / ZB / picture-alliance

WARSCHAU. Der Vorsitzende der polnischen nationalkonservativen Partei für Recht und Gerechtigkeit PiS, Jaroslaw Kaczynski, weckt bei vielen Deutschen negative Emotionen. Denn er gilt als eine Art europafeindlicher politischer Dinosaurier, der im westlichen Nachbarn immer noch einen Feind aus dem Zweiten Weltkrieg sieht.

 Viele Deutsche fragen sich, wie es sein kann, dass ein Politiker mit solch einem Horizont vor einigen Woche mit seiner Partei bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit gewinnen konnte.

Der Grund ist denkbar einfach: Seine Politik ist sehr widersprüchlich. Seine Ansichten mögen zwar oft weltfern wirken. Doch ist seine Partei trotzdem sehr professionell organisiert, was ihr beim Kampf um die Wählerstimmen die entscheidenden Pluspunkte bringt. Die Organisation beschäftigt ausgewiesene Experten, die genau analysieren, welche Sachprobleme in Polen zu lösen sind.

Und ganz oben auf der Liste der Aufgaben der neuen Regierung steht auch der Umbau des Gesundheitsmarktes, der in seiner jetzigen Form den Patienten kaum eine ausreichende Versorgung gewährleistet. Ein gewichtiges Problem ist die illegale Ausfuhr von Medikamenten in westliche Länder - unter anderem nach Deutschland.

Preiserhöhungen gegen Parallelexporte

"Wir werden das Anti-Exportgesetz für Medikamente verschärfen", kündigte der neue stellvertretende Staatssekretär im Gesundheitsministerium Krzysztof Landa an. "Wir werden deswegen die amtlichen Preise erhöhen, die der Staat für einige Medikamente festlegt", erklärte der Politiker.

Hintergrund: In den vergangenen Jahren haben skrupellose Schwarzhändler immer mehr Arzneien in westliche Länder verschoben, weil dort die Preise wesentlich höher sind. Beispielsweise kostet in Polen ein Präparat gegen Thrombosebildung 20 Euro, während es beim deutschen Nachbarn fünf mal teurer ist. Aus den Verkaufsregalen verschwinden hauptsächlich Insulin sowie kardiologische und onkologische Medikamente.

Zusätzlich haben die Patienten immer weniger Zugang zu Arzneien gegen Parkinson, gegen psychische Störungen oder gegen Leiden, die während der Menopause auftreten.

Die Regierung schätzt, dass es etwa Engpässe bei 200 Präparaten gibt. Für viele existieren keine Ersatzmedikamente. Der volkswirtschaftliche Schaden, der dem Land dadurch entsteht, ist groß. Ökonomen schätzen, dass Polens Wirtschaft auf diesem Weg pro Jahr mehr als eine Milliarde Euro verliert.

Mitte Juli hatte die Vorgängerregierung versucht, diesem Treiben einen Riegel vorzuschieben. Seitdem wird regelmäßig eine Liste von Medikamenten veröffentlicht, die nicht in andere Länder verkauft werden dürfen, weil sie im Land sonst fehlen. Dieses Verzeichnis wird ein bis zwei Mal pro Monat aktualisiert.

Handel mit gefälschten Krankschreibungen

Doch ist der Erfolg dieses Projekts bisher mäßig. Deshalb will die neue Regierung nun die amtlichen Preise erhöhen. "Es gibt keine effektivere Methode, um die Ausfuhren zu begrenzen, als die Preise auf ein ähnliches Niveau zu heben, wie es auch im Westen üblich ist", fügte Landa hinzu, der auch den Weg nach Brüssel nicht scheut.

"Wir werden die Zusammenarbeit mit der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) suchen", sagt der Staatssekretär.

Der Versuch, die illegalen Ausfuhren zu stoppen, ist nicht das einzige, was die Regierung in Angriff nimmt. Darüber hinaus soll künftig die Zahl der gefälschten Krankschreibungen eingedämmt werden. Wie die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" berichtet, haben professionelle Betrüger im Internet in den vergangenen Jahren ganz dreist auf offiziellen Websites ihre fragwürdigen "Dienstleistungen" angeboten.

Eine solche "Krankschreibung" zur Vorlage beim Arbeitgeber oder der Universität kostet zwischen 100 und 500 Zloty (25 bis 100 Euro) - je nach Dauer der "Erkrankung". Das Blatt schreibt, dass die Betrüger die Vordrucke, die Stempel und die Unterschrift auf eine professionelle Art und Weise gefälscht haben. Die Daten der Mediziner, die angeblich das Dokument unterschrieben haben, klauten sie einfach von den Websites der Arzt-Praxen.

In diesem "Service" inklusive waren auch Kuriere, die die Papiere direkt zu den Arbeitgebern transportierten.

Zwischenzeitlich wurden die Websites abgeklemmt und den Betrügern das Handwerk gelegt. Um Nachahmern die Arbeit zu erschweren, ist seit dem 1. Januar ein Teil der Vordrucke für die Krankschreibung nur noch im Internet unter einer offiziellen Adresse zu finden. Von dort aus werden die Dokumente direkt per Mail an die Arbeitgeber und die staatliche Versicherung verschickt.

Die Zeitung schreibt, dass in zwei Jahren nur noch dieser elektronische Weg möglich sein wird. Dies werde zumindest ab 2017 diese Art von Betrug erheblich erschweren, vermuten die Journalisten der "Gazeta Wyborcza".

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