Schockbilder und Co.

Tabaklobby wettert weiter

Vom 20. Mai an müssen Schockbilder auf Zigarettenschachteln. Die deutsche Tabakindustrie sieht sich in die Ecke gedrängt.

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BERLIN. Die 2014 novellierte Richtlinie der Europäischen Union für Tabakprodukte muss bis zum 20. Mai 2016 in deutsches Recht umgesetzt werden.

Vor Inkrafttreten der neuen EU-Tabakrichtlinie und den damit vorgeschriebenen großen Schockbildern auf Verpackungen beklagen deutsche Hersteller allerdings eine Benachteiligung gegenüber Konkurrenten.

"Vor allem in den osteuropäischen Nachbarländern haben die Hersteller mehr Zeit und so Wettbewerbsvorteile", sagte der Geschäftsführer des Deutschen Zigarettenverbandes, Jan Mücke, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

So könnten diese etwa in Polen, Tschechien und Ungarn die EU-Vorgaben später umsetzen und nicht wie in Deutschland bis zu diesem Freitag. "Für diese Wettbewerbsverzerrung trägt die Politik die Verantwortung", meinte Mücke.

Mit Umsetzung der Richtlinie müssen auch in Deutschland von nun an neue Verpackungen mit Zigaretten oder Tabak zu zwei Dritteln mit Schockbildern und Warnhinweisen versehen werden. Die deutschen Hersteller hatten auf eine längere Frist für die Umrüstung ihrer Maschinen gepocht, sind damit aber gescheitert.

Zuletzt hatte auch der Europäische Gerichtshof die EU-Tabakrichtlinie bestätigt. Bis die neuen Packungen in die Läden kommen, wird es noch einige Wochen dauern. Die Hersteller dürfen bereits produzierte Waren noch ein Jahr lang abverkaufen.

Nicht alle Zigarettenmarken im neuen Design

"Noch nicht alle Marken werden vom 20. Mai im neuen Design produziert", sagt Mücke. Die Unternehmen arbeiteten zwar mit Hochdruck an der Umstellung, aber diese erfolge Stück für Stück.

Erst im Spätsommer, Anfang Herbst werde es die ersten Verpackungen mit den Schockbildern geben, so Mücke.

Nach seinen Angaben werden einige Zigarettenmarken verschwinden, insbesondere Nischenprodukte. Für einige Traditionsmarken sei der Aufwand für die Druckumstellung zu groß.

Mücke bezweifelt weiterhin die Wirksamkeit der novellierten Richtlinie, mit der das Rauchen vor allem unter Jugendlichen eingedämmt werden soll. Dafür gebe es keinen wissenschaftlichen Nachweis.

Ein Blick auf das Marktgeschehen legt die Vermutung nahe, dass die Raucher - so lange wie möglich - auf Zigarettenschachteln mit Schockbildern verzichten möchten. So zog der Absatz von Tabakwaren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im ersten Quartal 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 22 Prozent an. Die Statistiker ordnen diesen Umstand explizit der Umsetzung der EU-Tabakrichtlinie zu.

Mit scharfen Worten wandte sich am Donnerstag der Verband der Rauchtabakindustrie (VdR) an die Regierung und forderte sie auf, zu einem aufgeklärten Verbraucherleitbild zurückzukommen.

"Es muss Schluss sein mit einer autoritären Gesundheitspolitik, die gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten definiert und dann an den Pranger stellt und damit pauschal Verbraucher diskriminiert", wetterte VdR-Hauptgeschäftsführer Michael von Foerster. (maw/dpa)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: In der Bewährungsprobe

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