Kolumbien

Hilfe nach Erdrutsch ist unterwegs

Nach der Naturkatastrophe in Kolumbien mit über 250 Toten ist auch ein interdisziplinäres Team von Ärzte ohne Grenzen auf dem Weg, um zu helfen.

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Die Überlebenden der Naturkatastrophe in Kolumbien versuchen zu retten, was zu rettem ist.

Die Überlebenden der Naturkatastrophe in Kolumbien versuchen zu retten, was zu rettem ist.

© dpa

MOCOA. Schlammlawinen und Überschwemmungen haben in der südkolumbianischen Stadt Mocoa mehr als 250 Menschen getötet. Wie der Chef der nationalen Katastrophenschutzbehörde, Carlos Iván Márquez, mitteilte, wurden über 200 Menschen verletzt. Es wurde mit steigenden Opferzahlen gerechnet.

Um die Verletzten zu versorgen, wurden drei improvisierte Krankenstationen eingerichtet, neben der Versorgung der Verletzten geht es darum, den Ausbruch von Seuchen in Mocoa zu verhindern. Von insgesamt 200 Verletzten wurden knapp 70 in andere Städte transportiert. Insgesamt 500 Kilogramm an Medikamenten wurden nach Mocoa gebracht.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat auf Nachfrage der "Ärzte Zeitung" mitgeteilt, dass ein multidisziplinäres Team mit medizinischen Hilfskits auf dem Weg nach Mocoa sei. "Das Team besteht aus einem Koordinator, einem Arzt, einer Schwester, einem Psychologen und einem Logistiker", so Sprecherin Svenja Kühnel. MSF-Helfer würden aus verschiedenen Teilen Kolumbiens in die Katastrophenregion abgezogen. Die Hilfsorganisation ist seit 15 Jahren in dem nördlichen Land Südamerikas vertreten.

Retter berichteten, dass Leichen sogar von Bäumen geborgen wurden, die Wasser- und Schlammlawine in Mocoa sei bis zu vier Meter hoch gewesen. Die riesigen Steinbrocken in der Stadt zeugen von der Zerstörungskraft, mehrere tausend Helfer suchten in den Trümmern nach Überlebenden. Die Menschen wurden in der Nacht zum Samstag gegen 23 Uhr von dem Unwetter überrascht.

Die Flüsse Mocoa, Mulato und Sancoyaco hatten sich in der Nacht zu reißenden Strömen entwickelt, die alles mitrissen – über Berghänge schossen Wasser- und Schlammmassen in die Stadt hinein, 17 der 40 Wohnviertel wurden beschädigt, Häuser mitgerissen oder unter Geröllmassen begraben. Sieben Brücken wurden durch die Katastrophe beschädigt, zwei wurden komplett weggerissen.

Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos versprach, eine neue Wasserleitung bauen zu lassen, die eine Trinkwasserversorgung für alle Bürger garantiere. Er betonte, beim Wiederaufbau sollten stabilere Häuser als bisher gebaut werden. Neben tausenden Helfern waren zehn Hubschrauber, sechs Flugzeuge, sieben Boote und 63 Fahrzeuge bei den Rettungsarbeiten im Einsatz.

Nach dem ersten Besuch am Samstag reiste Präsident Santos Sonntag mit mehreren Ministern erneut nach Mocoa – Priorität habe die Wiederherstellung von Straßen, Strom- und Wasserversorgung. "Diese Tragödie lässt alle Kolumbianer trauern", betonte er.

Mocoa liegt in der Nähe der Grenze zu Ecuador, rund 630 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Bogotá. "Ein großer Teil der Bevölkerung ist von der Lawine quasi mitgerissen worden. Viele Häuser sind praktisch ausradiert worden", sagte Bürgermeister José Antonio Castro. "Mein Haus wurde auch zerstört, der Schlamm steht bis an die Decke", berichtete der Bürgermeister.

Der Direktor der nationalen Katastrophenschutzbehörde, Carlos Iván Márquez, sagte, es habe ein Zusammentreffen mehrerer Ereignisse durch das Unwetter gegeben. Als ein Grund für die Dynamik der Katastrophe sahen Fachleute das Roden vieler Bäume an den Hängen. Aus dem Ausland kamen zahlreiche Beileidsbekundungen und Unterstützungsangebote. Papst Franziskus erklärte, er sei zutiefst betroffen. Er bete für die Opfer und fühle mit den Angehörigen und den Rettern. Er reist im September nach Kolumbien.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Opfern in Kolumbien ihr Mitgefühl aus. Die Kanzlerin sei bestürzt von den Bildern und dem unermesslichen Leid der Menschen vor Ort, hieß es. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte. "Mit mir sind heute viele Deutsche in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer und bei den Frauen und Männern, die sich noch in Gefahr befinden und auf Rettung hoffen."

In Kolumbien ereignete sich vor 31 Jahren auch die weltweit bisher schlimmste Katastrophe durch eine Schlammlawine. Nach dem Ausbruch des Vulkans Nevado del Ruiz brachte die Lava die Eiskappe des 5390 Meter hohen Vulkans zum Schmelzen und löste damit im November 1985 eine Schlamm- und Gerölllawine aus, die die Stadt Armero auslöschte, 25 000 Menschen starben. Heute ist der Ort ein riesiger Friedhof.(ajo/ dpa)

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