Antibiotika weltweit nur auf Rezept!

Ebola, Zika, Influenza: Die Globalisierung macht Viren mobil. Die internationale Krisenreaktion hält mit dieser Entwicklung noch nicht Schritt. Außerdem ist Handeln gegen Wirkstoffresistenzen dringend geboten. So das Fazit beim G20-Gesundheitsgipfel am Wochenende.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Um für internatioale Gesundheitskrisen besser gerüstet zu sein, beraten sich die G20-Fachminister am Freitag und Samstag in Berlin.

Um für internatioale Gesundheitskrisen besser gerüstet zu sein, beraten sich die G20-Fachminister am Freitag und Samstag in Berlin.

© dk_photos / iStock

BERLIN. Die Welt ist nicht optimal auf Ausbrüche gefährlicher Erreger wie zum Beispiel des Ebola-Virus vorbereitet. Das hat eine Simulationsübung der Gesundheitsminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer am Freitag und Samstag in Berlin ergeben. Es ging darum herauszufinden, was die Weltgemeinschaft seit dem Ausbruch des Ebola-Virus in Westafrika mit rund 11.000 Toten in Sachen Krisenmanagent gelernt hat. Im Ernstfall müssten die Gesundheitssysteme in der Lage sein, Medikamente bereit zu stellen, Helfer für den Einsatz in den Krisengebieten zu mobilisieren und die eigene Bevölkerung zu schützen, so Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) .

G20 in Zahlen

» Die G 20 sind eine 1999 gegründete informelle Gruppe von 19 Staaten und der EU.

» Mitglieder sind China, Indien, EU, USA, Indonesien, Brasilien, Russland, Mexiko, Japan, Deutschland, Türkei, Frankreich, Großbritannien, Italien, Südafrika, Südkorea, Argentinien, Kanada, Saudi-Arabien und Australien.

» Zusammen bringen es diese Staaten auf rund 4,9 Milliarden Einwohner.

Gröhe berichtete im Anschluss an das Ministertreffen am Samstag von „jeder Menge Luft für Verbesserungen und Bedarf an Hausaufgaben“ für die teilnehmenden Länder. Die Politiker seien übereingekommen, die Informations- und Entscheidungswege international wie national künftig in regelmäßigen Übungen auf den Prüfstand zu stellen.

Einschließlich des amerikanischen Gesundheitsministers Tom Price hätten sich alle Teilnehmer auf eine zentrale Rolle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei der Bewältigung globaler Gesundheitskrisen geeinigt. Über eine moderate Erhöhung des Pflichtbeitrags von drei Prozent werde ab Montag in Genf verhandelt. Gröhe kündigte an, dass Deutschland seinen freiwilligen Beitrag von sechs Millionen auf 35 Millionen Euro anheben werde.Zahlreiche Staaten sind mit Zahlungen an die Vereinten Nationen im Rückstand, darunter auch die USA. Der aktuelle Doppelhaushalt der WHO beläuft sich auf 4,4 Milliarden US-Dollar für 2016 und 2017.

Bei ihrem ersten Treffen überhaupt haben sich die G 20-Gesundheitsminister zudem auf eine weltweite Verschreibungspflicht für Antibiotika geeinigt. Gröhe berichtete von der Zusage aller 20 Mitglieder in der am Wochenende aufgesetzten „Berliner Erklärung“, bis Ende 2018 nationale Aktionspläne gegen die zunehmenden Antibiotika-Resistenzen zu formulieren. Dabei soll die Pharmaindustrie als Akteurin mit ins Boot geholt werden.

"Wegweisende Entscheidung"

In einer ersten Reaktion sprach die Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa) Birgit Fischer am Samstag von einer „wegweisenden Entscheidung“, die den Wert öffentlich-privater Partnerschaften für die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten ohne kommerzielles Potenzial bekräftige.

Die Berliner Erklärung

zum G20-Gesundheitsgipfel finden Sie hier als pdf zum Nachlesen.

Berliner Erklärung

Die G 20 ist im Kern ein Wirtschafts-Club. Laut Gröhe sei man sich in der Überzeugung aber einig, dass es ohne globale Gesundheit keine soziale, politische und ökonomische Entwicklung geben könne. Die in Berlin erzielten Ergebnisse fließen nun in die Beratungen der Staats- und Regierungschefs beim G 20 - Gipfeltreffen am 7. und 8. Juli in Hamburg ein.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte die Bedeutung starker Gesundheitssysteme für die soziale und ökonomische Entwicklung in den Mittelpunkt ihres Statements. "Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich auch aggressive Erreger auf der Welt ausbreitgen", sagte Merkel. Es sei eine Frage der ökonomischen und sozialen Vernunft, sich damit zu beschäftigen. Die Ebola-Pandemie 2014 in Westafrika habe die Reputation der ganzen Region geschädigt. Es wäre zynisch, daraus keine Lehren zu ziehen, sagte die Kanzlerin.

International gespeiste Fonds und eine Art Gesundheitskrisen-Versicherung der Weltbank sollen es nach Vorstellung Merkels auch armen Ländern ermöglichen, beim Ausbruch einer Epidemie nicht als Bittsteller vor der Weltgemeinschaft zu stehen. Grundsätzlich müssten sich Entwicklungsanstrengungen auch auf die Stärkung der Gesundheitssysteme konzentrieren, auf die Bezahlbarkeit von Behandlung und Medikamenten sowie die Ausbildung von Ärzten und Fachpersonal. Solche Investitionen erwiesen sich letztendlich als Investitionen in die Wirtschaft. Deutschland stellt für Programme derzeit 850 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung.

Allein in der Region südlich der Sahara notiere die Weltgesundheitsorganisation (WHO) derzeit 36 Ausbrüche gefährlicher Erreger. Im Kongo sei der 8. Ebola-Ausbruch im Gange, sagte die Generaldirektorin der WHO Margaret Chan. Wenn Länder nicht in der Lage seien, dafür Vorsorge zu treffen, werde ihre Wirtschaft art getroffen.

Lesen Sie dazu auch: Globale Gesundheit: G20 muss am Krisenmanagement feilen

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