Brexit

Arznei-Export nach England sinkt drastisch

Der kommende Brexit hat schon jetzt die deutschen Arzneiexporte nach Großbritannien um drei Milliarden Euro einbrechen lassen.

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GENF. Der bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU hat sich schon vor seinem Vollzug negativ auf das deutsche Exportgeschäft mit Arzneimitteln ausgewirkt: So ist der Ausfuhrwert von sieben Milliarden Euro im Jahr 2015 auf rund vier Milliarden Euro im vergangenen Jahr gesunken.

Diese Zahlen nannte Dr. Elmar Kroth vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) am Rande der Jahrestagung des europäischen Dachverbandes der Selbstmedikationsindustrie (AESGP) in Genf.

Angesichts der politischen Entwicklung in Großbritannien, bei der sich kein Kompromiss für einen Austrittsvertrag abzeichnet, geht der BAH unverändert von einem harten Brexit aus, der spätestens am 31. Oktober vollzogen wird.

Vorsorgung wird zur Herausforderung auf der Insel

Das Problem: Ohne Austrittsvertrag wird es keine geregelte Übergangsphase geben. Angesichts der starken Arbeitsteilung in der Produktion von Arzneimitteln wird die Sicherheit der Versorgung zu einer großen Herausforderung, wie Kroth sagte. Einige Probleme sind allerdings inzwischen gelöst:

  • Zentrale Zulassungen für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen verlieren zwar formal ihre Zulassung in UK, werden aber laut britischer Arzneibehörde in eine britische Zulassung umgewandelt. An künftigen zentralen Zulassungen ist UK nicht mehr beteiligt, will aber EU-Zulassungen übernehmen. Ob dies auf Dauer so bleibt, ist ungewiss.
  • Bei den 17.000 dezentralen Zulassungen hatte die britische Behörde mit 23 Prozent eine führende Rolle als verfahrensführendes Land (Reference Member State). Diese Aufgabe musste von den Arzneibehörden in anderen Ländern übernommen werden. Der Prozess ist weitgehend abgeschlossen. Die beiden deutschen Behörden – das Bundesinstitut für Arzneimittel und das Paul-Ehrlich-Institut – haben bis Anfang Mai 718 Betreuungen übernommen, das ist ein Viertel aller Switches von der britischen auf eine andere Arzneibehörde in der EU 27.

Ungelöst sind alle Fragen der Grenzkontrollen und der dabei vorzulegenden Zertifikate für Wirkstoffe, Zwischenprodukte und Fertigarzneimittel. Das kann zu erheblichen Störungen und Verzögerungen in der international arbeitsteiligen Produktion und schließlich bei der Versorgung führen. Viele Arzneimittelhersteller haben mit einem Aufbau von Vorräten reagiert. Ungelöst ist auch die Verzollung an der Grenze – die dafür erforderliche Zolladministration existiert nicht.

Betroffen sind auch 3,2 Millionen EU-Bürger, die in UK arbeiten. Sie werden zu Personen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus und bräuchten Visum. Auch der Sozialversicherungsschutz wäre bei einem harten Brexit infrage gestellt. (HL)

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