Streiks

Nahles treibt Tarifeinheit voran

Spartengewerkschaften wie der Marburger Bund sind empört. Künftig soll fast nur noch der Tarifvertrag der größten Gewerkschaft in einem Betrieb gelten.

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Ärzte haben sich durch Streiks ihre eigenen Tarifverträge erkämpft. Kommt das neue Tarifeinheitsgesetz, müssten sie darauf wohl verzichten.

Ärzte haben sich durch Streiks ihre eigenen Tarifverträge erkämpft. Kommt das neue Tarifeinheitsgesetz, müssten sie darauf wohl verzichten.

© dpa

BERLIN. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will noch in dieser Woche die Vorschläge für ein Tarifeinheitsgesetz zur Ressortabstimmung an die betreffenden Ministerien geben.

Am 3. Dezember soll sich das Kabinett mit dem Entwurf des Gesetzes befassen, in Kraft treten soll es im nächsten Sommer.

Mit dem neuen Gesetz will die Bundesregierung zum alten Grundsatz "ein Betrieb, ein Tarifvertrag" zurückkehren, der 2010 vom Bundesarbeitsgericht gekippt worden war.

Die Richter hatten ihre Entscheidung unter anderem mit der veränderten Arbeitswelt begründet. Immer mehr hochqualifizierte Berufsgruppen hätten speziellere Interessen, diese müssten sie auch durchsetzen können.

Der Abschluss berufsspezifischer Tarifverträge wäre mit dem geplanten Gesetz wohl weiter möglich, wenn keine andere Gewerkschaft in Konkurrenz tritt. Würde Verdi also weiterhin darauf verzichten, für Lufthansa-Piloten zu verhandeln, könnten die Piloten ihre speziellen Tarifverträge behalten.

Fakt ist aber, dass die Spartengewerkschaften künftig immer auf den guten Willen der großen Gewerkschaften angewiesen wären. Würde sich zum Beispiel Verdi entscheiden, für Ärzte mitverhandeln zu wollen, wäre der MB außen vor. Das sei "absolut nicht hinnehmbar", heißt es dort.

Lediglich in einigen ostdeutschen Kliniken stellt der MB vermutlich den größten Teil gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter.

verdi will sich bei Lufthansa-Piloten raushalten

Verdi-Chef Frank Bsirske hatte in der Vergangenheit des öfteren erklärt, dass er zum Beispiel für Lufthansa-Piloten nicht mitverhandeln wolle. Diese seien zu fast 100 Prozent bei Cockpit organisiert und deren Tarifverträge wolle er nicht unterbieten.

"Denn dann würden wir uns ja zu Handlangern der Arbeitgeber machen", wird er im "Spiegel" zitiert. Auch der Marburger Bund hat in den Kliniken einen enorm hohen Organisationsgrad unter den Ärzten. Der wurde vor allem nach den ersten Abschlüssen arztspezifischer Tarifverträge im Jahr 2006 erreicht.

Nicht mehr möglich wäre mit dem geplanten Gesetz ein Streik, wie ihn derzeit die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) führt. Denn die GdL will auch für Zugbegleiter und die Mitarbeiter der Bordrestaurants verhandeln.

Hier konkurriert sie aber mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, die offenbar den größeren Anteil dieser Berufsgruppe vertritt. Genau solche Arten der Tarifkollision soll das Tarifeinheitsgesetz verhindern.

Fast alle Spartengewerkschaften, darunter auch der Marburger Bund, haben bereits angekündigt, dass sie gegen jede mögliche Einschränkung ihrer bisherigen Rechte vor das Bundesverfassungsgericht ziehen werden.

Bis die Verfassungsrichter eine Entscheidung fällen, kann es aber Monate bis Jahre dauern. (chb)

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