Tarifeinheitsgesetz

MB beobachtet erste negative Auswirkungen

Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke, warnt: Erste Arbeitgeber verweigern Tarifverhandlungen. Eine Folge des Tarifeinheitsgesetzes?

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BERLIN. Der Marburger Bund verzeichnet offenbar bereits Auswirkungen des Tarifeinheitsgesetzes. "Die ersten Arbeitgeber verweigern bereits unter Hinweis auf das Gesetz Tarifverhandlungen ", sagte der Erste Vorsitzende des Marburger Bundes Rudolf Henke am Samstag auf der Hauptversammlung des Verbandes in Berlin.

Er forderte die MB-Mitglieder auf, negative Auswirkungen durch das Gesetzan den Verband zu melden. Nach derzeitigem Stand werde das Bundesverfassungsgericht erst Ende 2016 über die Klagen des MB und anderer Berufsgewerkschaften gegen das Gesetz entscheiden, es bestehe aber die Möglichkeit, einen erneuten Eilantrag zu stellen.

Lob und Tadel für Klinikreform

Das Tarifeinheitsgesetz ist im Juli in Kraft getreten. Mit einem Eilantrag war der MB im Oktober vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Das Gericht hatte aber in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass es den Beschwerdeführern unbenommen bleibe, "bei einer erheblichen Änderung der tatsächlichen Umstände einen erneuten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen". Auch könne das Gericht selbst "von Amts wegen" tätig werden.

Licht und Schatten sieht Henke beim Krankenhausstrukturgesetz. Im Gegensatz zur KBV und den KVen findet der MB-Chef die Einrichtung von Portalpraxen an Krankenhäusern sinnvoll.

"Es gibt in Nordrhein ambulante Notfallpraxen, die sind so weit weg, dass der Patient erst an drei Krankenhäusern mit Notfallambulanzen vorbeifahren muss, um diese zu erreichen", sagte Henke. Viele Patienten suchten lieber Kliniken auf, weil sie dort eine Rund-um-Versorgung bekommen würden.

Scharfe Kritik an Zeitverträgen

Problematisch findet er dagegen die geplanten Qualitätszu- und -abschläge. Das sei ein illusionärer Ansatz. "Ich habe noch nie gehört, dass ein Orchester besser geworden ist, weil man am Geld für die Musiker gespart hat", sagte Henke.

Es solle künftig mehr auf Qualitätsmotivation statt auf Sanktionen gesetzt werden. Zudem sollten die Länder endlich verpflichtet werden, die Investitionskosten in der gesetzlich vorgesehenen Höhe zu tragen. Eine Erhebung des Bundesgesundheitsministeriums habe ein Investitionsloch von 3,3 Milliarden Euro pro Jahr ausgemacht.

Scharfe Kritik übten die Delegierten auf der Hauptversammlungam Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Dies komme über gut gemeinte Ansätze nicht hinaus. Vorgesehen ist, die Befristungsdauer so festzulegen, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen sei.

Dieser Rechtsbegriff sei auslegungsbedürftig und werde nicht zu einer Änderung der Befristungspraxis von Ärzten führen. Die Delegierten forderten deshalb, feste Mindeststandards von wenigstens zwei Jahren bei den Vertragslaufzeiten festzulegen. Sonst müssten künftig die Arbeitsgerichte im Einzelfall entscheiden, was ein "sinnvoller Zeitraum im Hinblick auf die Qualifizierung sei". (chb)

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